Erste Cyberkatze Österreichs: Wie Kater Pauli zu seinen Prothesen kam

Erste Cyberkatze Österreichs: Wie Kater Pauli zu seinen Prothesen kam
Das Haustier verlor durch einen Unfall beide Hinterbeine. Eine Spezialistin verpasste dem Patienten zwei künstliche Unterschenkel.

Es war vermutlich ein Mähdrescher. Im Frühsommer 2021 schleppte sich Kater Pauli, damals zwei Jahre jung, auf zwei Vorderpfoten und zwei blutigen Stummeln an den Hinterbeinen in sein Kremser Zuhause.  Mit letzter Kraft schaffte er es über den Gartenzaun. Bis dahin galt eine derart schlimme Verletzung als Todesurteil. Doch der schwarz-weiße Freigänger aus NÖ geriet an die Richtigen. Nach einer Erstversorgung durch die Haustierärztin nahm sich eine Spezialistin an der Tierklinik St. Pölten des Patienten an. Heute läuft die erste Cyberkatze Österreichs wieder fidel durch die Wohnung. Zwei Prothesen aus dem 3D-Drucker machen es möglich.

Erste Cyberkatze Österreichs: Wie Kater Pauli zu seinen Prothesen kam

Vorbild Großbritannien

„Wir wussten, dass in England ein Doc Haustiere mit Prothesen versorgt“, sagt Tierchirurgin Marlis Wiebogen-Wessely von der Tierklinik St. Pölten. Hierzulande wurden derartige Operationen aber noch nie durchgeführt. „Paulis Besitzerin war total motiviert. Ihr Vater hatte ein Bein verloren und kam mit einer Prothese gut zurecht“, erzählt die Veterinärmedizinerin. Pauli einzuschläfern, kam nicht in Frage. Also setzte Wiebogen-Wessely gemeinsam mit ihrem ehemaligen Mentor Nikola Katic alle Hebel in Bewegung, um an künstliche Gehilfen zu kommen.

In Großbritannien stieß sie schnell an Grenzen. Es fehlte der Wille zur Unterstützung, zudem überstiegen die Kosten alle Möglichkeiten. In Russland dagegen sollte es klappen. Doch die Ersatzteile, mittels hochmoderner Technik und im 3D-Druck gefertigt, blieben zunächst im Zoll hängen. Monate vergingen.

Stundenlange Operationen

„In einer ersten Operation haben wir die freiliegenden Knochen und Sehnen von Pauli versorgt“, erinnert sich Wiebogen-Wessely. Der Vierbeiner musste intensivmedizinische betreut werden. Auch die Nachversorgung gestaltete sich aufwendig: Verbände mussten gewechselt, Kontrollen durchgeführt, zwischenzeitliche Probleme wie eine Störung der Wundheilung verarztet werden. Aufgeben war weder für die Besitzerin, noch für die behandelnden Spezialistinnen eine Option.

Endlich trafen die Prothesen aus Russland ein. „Wir haben zunächst nur ein Bein operiert. Ein Ende der Prothese musste dann direkt in den Unterschenkelknochen einwachsen“, schildert die Tierchirurgin. Die Prozedur wurde am zweiten Bein – mittlerweile mit einer gewissen Erfahrung – wiederholt. Obwohl Wiebogen-Wessely und ihre Kollegen auf das OP-Honorar verzichten, beliefen sich die Kosten für Paulis künstlichen Unterschenkel auf rund 8.000 Euro; 3.500 Euro wurden durch Spenden lukriert.

„Unsere Pionierarbeit ist sicher wegweisend für die Zukunft“, sagt die Expertin und appelliert an Haustierhalter, eine Versicherung abzuschließen. Für den Fall des Falles.

Tierwohl an erster Stelle

„Ein chirurgischer Eingriff wie bei Pauli ist prinzipiell eine super Geschichte“, bestätigt denn auch KURIER-Tiercoach Katharina Reitl. Der Zoodoc aus der Ordination Tiergarten Schönbrunn betont, dass „man bei derartigen Entscheidungen immer das Tierwohl sehen muss – und die finanzielle Situation des Besitzers“. Vierbeiner mit Handycap kommen meist gut zurecht.

Das beweist auch Pauli. „Wir haben unseren Patienten jetzt ein dreiviertel Jahr beobachtet. Er hat ein super Katzenleben“, schließt Marlis Wiebogen-Wessely: „Und hoffentlich hat er noch ganz viele Jahre vor sich.“

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