Die Macht der Komplimente: Warum sie in der Liebe wie Klebstoff sind
Es müssen nicht immer Blumen sein. Über ein Kompliment zum Valentinstag wie "Die Farbe steht dir gut" oder "Deine neue Frisur macht dich fünf Jahre jünger" freuen sich Mann wie Frau. Für unser Gehirn sind solche Sätze wie ein Stück Schokolade oder eine wohlverdiente Pause, denn sie aktivieren das Belohnungszentrum im Gehirn und senden Glückshormone aus.
Besser fühlt sich aber nicht nur jene Person, die das Kompliment erhält, sondern laut einer Studie der Universität Heidelberg auch die Person, die solche Worte ausspricht.
Beziehung stärken
"Bei beiden werden Belohnungsschaltkreise im Gehirn aktiviert, die auch reagieren, wenn wir unsere Lieblingsmusik hören, ein gutes Essen genießen oder im Lotto gewinnen", so die Studienautorin Beate Ditzen.
Komplimente sind der Klebstoff für Beziehungen, sie schaffen Verbundenheit und stabilisieren Freund- oder Partnerschaft. An wertschätzende Worte erinnert man sich gerne und speichert sowohl die Situation als auch die Person, von der man sie erhalten hat, positiv ab.
Falsch verstanden
Doch manchmal empfinden wir ein Kompliment als unpassend, reagieren darauf gereizt oder werten es ab, indem wir das Gegenteil behaupten wie "Ach, ich habe ja gar nicht abgenommen". Oder "Komisch, ich fühle mich heute gar nicht gut, sondern eher müde." Was passiert da genau?
Der Sozialpsychologe Roland Quabis von der Privaten Universität für Gesundheitswissenschaften in Hall in Tirol erklärt den Effekt so: "Wenn es einem nicht gut geht, kann ein Kompliment wie ‚Du siehst aber gut aus‘ eine Dissonanz erzeugen. Das Kompliment kollidiert dann schwerwiegend mit der eigenen Selbsteinschätzung."
Statt einer Ausschüttung von Glückshormonen passiert im Gehirn das Gegenteil.
"Es können sogar Angstzustände ausgelöst werden, wenn das Kompliment so gar nicht mit der Selbsteinschätzung übereinstimmt. Man fragt sich: Was will die Person von mir?", so Quabis. Es ist also darauf zu achten, wer der Sender und wer der Empfänger ist. Unter Freunden sind anerkennende Worte kein Problem, bei Fremden schaut es anders aus.
Deshalb hinterfragen wir die Motive von uns nicht nahestehenden Menschen. Das bestätigt auch der Forscher: "Wenn man ein Kompliment bekommt, sollte man darauf achten, ob es Zuhörer gibt. Manche Menschen wollen sich durch wertschätzende Worte als guter und positiver Mensch darstellen. Oder die Person erwartet sich, dass ein Kompliment zurückkommt, also passiert es oft nicht ganz uneigennützig."
Unpassender Kommentar
In Zeiten von Body Positivity und Me too scheint das Kompliment auch unter einem kritischeren Fokus zu stehen. Körper sollten nicht mehr kommentiert werden, und eventuell nett gemeinte Worte eines Mannes können bei einer Frau als schlüpfrig oder übergriffig wahrgenommen werden.
"Bei einem Mann wirkt der Kommentar zum Aussehen einer Frau fast immer übergriffig, weil als Hintergrund Anmache vermutet wird. Unter Fremden kann das zu einem Problem werden." Wenn man beispielsweise einer Universitätsprofessorin ein Kompliment für ihre Kleidung mache, könnte sie es falsch verstehen, weil sie sich auf ihr Äußeres reduziert fühle, so Quabis.
Dürfen wir also nur mehr Komplimente zu inneren Werten machen? Auch dabei ortet der Wissenschafter Schwierigkeiten: "Komplimente für Charaktereigenschaften sind ebenfalls heikel, weil die meisten Menschen denken, dass sie dafür nichts können." Am besten sei es, ein Kompliment für eine Leistung auszusprechen. "Bei einem Lob für eine Errungenschaft oder Leistung kann man nichts falsch machen."
Männer loben anders
Zwischen den Geschlechtern gibt es Unterschiede: Während sich Frauen über nette Worte von einer Freundin über das Aussehen freuen, loben Männer andere Männer gerne für Statussymbole. "Statusorientierte Komplimente sind für Frauen eher uninteressant. Bei Männern hingegen kommt ein Kompliment für eine Uhr oder ein Auto gut an und wird auch gerne gegeben", so der Sozialpsychologe. Bei Frauen errege so ein Kompliment eher Skepsis.
Kommentare