Psychotherapeutin: Für wen Polyamorie passt - und für wen nicht

Psychotherapeutin: Für wen Polyamorie passt - und für wen nicht
Die Wiener Psychotherapeutin Magdalena Ségur-Cabanac klärt über Eifersucht und Kommunikation in polyamorösen Beziehungen auf.

KURIER: Gedeon Burkhard hat erneut in einem Interview über seine polyamoröse Beziehung gesprochen: Glauben Sie, dass unsere Gesellschaft offener wird gegenüber alternativen Beziehungsmodellen?

Magdalena Ségur-Cabanac: Wenn wir ganz Österreich im Blick haben, glaube ich das nicht. Allerdings glaube ich schon, dass es im städtischen Raum und in gewissen Bubbles mehr Offenheit für alternative Beziehungsmodelle gibt und auch, dass ein Wandel stattfindet-langsam halt. In Österreich ist es zurzeit nach wie vor so, dass die Gesellschaftsmehrheit das heterosexuelle und monogame Beziehungsmodell verinnerlicht hat – die meisten können nicht wirklich verstehen, warum Menschen polyamore Beziehungen führen.

Sie glauben nicht, dass polyamoröse Beziehungen im Trend liegen?

Doch, sofern man von Trend sprechen kann. Ich glaube, dass es immer mehr Personen gibt, für die eine monogame Beziehungsform nicht passend oder in einer bestimmten Lebensphase nicht passend ist. Aber auf gesellschaftlicher Ebene erkenne ich nicht wirklich eine größere Akzeptanz.

Handelt es sich bei diesen Menschen um ein echtes Bedürfnis, eine respektvolle, liebevolle Beziehung auf Augenhöhe zu dritt zu leben? Oder können sich diese Menschen nicht entscheiden?

Man geht davon aus, dass es neben einer sexuellen Orientierung auch eine Beziehungs-Orientierung gibt. Wie Menschen eine Beziehung gestalten wollen, hängt mit diversen verinnerlichten Vorstellungen über Beziehungen, ihrem Bedürfnis nach Anpassung an gesellschaftliche Normen und ihrem Bedürfnis nach Sicherheit beziehungsweise der Bereitschaft der eigenen Verletzlichkeit zu begegnen, zusammen. Viele haben die Vorstellung, dass mein Partner oder meine Partnerin mich auch lieben soll, wenn ich mich selbst nicht lieben kann. Wenn wir aber genauer hinschauen, sehen wir, dass in vielen monogamen Beziehungen Treue gar nicht wirklich dauerhaft gelebt werden kann: Es gibt viel Ehebruch, Affären und Betrügereien, aber im Geheimen und mit einem großen Tabu, Schuld-und Schamgefühlen behaftet. Viele Partner und Partnerinnen sagen, wenn die Affäre auffliegt, dass das was am meisten weh tut, die Lügen sind.

Tatsächlich gibt es Personen, die sagen, dass sie zwei, drei Personen gleichzeitig lieben sowie respektieren können und nicht lügen wollen. Sie wollen sich ethisch korrekt verhalten und wollen, dass ihr Partner oder ihre Partnerin darüber Bescheid wissen. Es handelt sich dann um ein selbstbestimmtes gemeinsames Entscheiden, das allen Parteien ein gewisses Maß an Freiheit zuspricht.

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