Alopecia areata: Glücklich und selbstbewusst mit Glatze

Alopecia areata: Glücklich und selbstbewusst mit Glatze
Die aktuelle „Bachelorette“ zeigt sich ohne Perücke und mit Glatze. Eine Wienerin erzählt, warum es solche Vorbilder braucht.

Im deutschen Fernsehen gilt die „Bachelorette“ (deutsch: Junggesellin, Anm.) als Inbegriff von Weiblichkeit und wahrgewordener Männertraum. Lange Beine, strahlendes Lächeln und glänzendes Haar einten die bisherigen Kandidatinnen. Auch Sharon Battiste, die in der aktuellen Staffel auf RTL den Mann fürs Leben sucht, passt auf den ersten Blick perfekt in dieses Schema. Was ihre Bewerber bis zur gestrigen Folge nicht wussten: Die Deutsch-Jamaikanerin trägt Perücke. Und darunter eine Glatze.

Vor Jahren wurde bei der 30-Jährigen Alopecia areata – kreisrunder Haarausfall – diagnostiziert: Die Erkrankung wird durch eine Autoimmunreaktion ausgelöst und führt zu kreisrunden, kahlen Stellen auf dem Kopf. Manchmal verschwindet sie wieder, manchmal bleibt sie. Eine Heilung gibt es nicht.

Battiste entschied sich daher für den radikalen Schritt und ließ sich den Schädel kahl rasieren. „Die Rasur war der Befreiungsschlag meines Lebens“, erklärte sie kürzlich unter einem Glatzen-Foto auf ihrem Instagram-Profil. Unzählige Betroffene bedankten sich in den Kommentarspalten für ihre Offenheit.

Tabuthema

Eine kahlköpfige Frau als „Objekt der Begierde“ – das ist nicht nur für die Kuppelshow bemerkenswert. Haarausfall ist vor allem für Frauen immer noch ein Tabuthema, das bei Betroffenen viel Scham auslöst. Wie groß der Leidensdruck für die ganze Familie ist, zeigte sich bei der Oscar-Verleihung, als Will Smith den Comedian Chris Rock auf offener Bühne ohrfeigte. Dieser hatte sich über Smiths Frau Jada lustig gemacht, die ihre Alopezie nicht mehr verstecken möchte.

Dass die Autoimmunerkrankung durch prominente Stimmen wie Pinkett Smith, Viola Davis oder die Austro-Aktrice Marion Mitterhammer Aufmerksamkeit bekommt, freut die Wienerin Katharina Mühl besonders.

Wobei: „Das Wort ‚Erkrankung‘ mag ich eigentlich nicht“, sagt die 35-Jährige zum KURIER. „Ich fühle mich nicht krank, ich habe einfach keine Haare auf dem Kopf.“

Die Mutter eines Sohnes war drei Jahre alt, als ihr die Haare plötzlich kreisförmig ausgingen. Die kahlen Stellen wurden immer größer und ließen sich irgendwann nicht mehr verdecken. „Für mich war das Thema mit so viel Scham behaftet“, erinnert sich Mühl, die heute je nach Belieben Perücke oder Glatze trägt. „Ich hätte mir als kleines Mädchen gewünscht, mehr Frauen mit Glatze zu sehen. Ich hatte immer das Gefühl, nicht dem Schönheitsideal zu entsprechen. Lange Haare waren für mich der Inbegriff von Weiblichkeit.“

Kahle Barbie

Heute weiß Mühl, dass Weiblichkeit nicht von der Länge der Haare bestimmt wird. Vor Kurzem bekam sie von einer Freundin eine Barbiepuppe ohne Haare geschenkt. Ein Spielzeug mit Symbolkraft, das vor einigen Jahren noch undenkbar gewesen wäre.

Als Glückstrainerin hilft sie anderen dabei, den eigenen Körper mitsamt vermeintlicher Makel zu akzeptieren. Was rät sie Betroffenen? „Geht auf Instagram und sucht euch Frauen, die selbstbewusst damit umgehen. Davon gibt es zum Glück immer mehr. Ich war früher in einer Alopezie-Selbsthilfegruppe, da wurde mir viel zu viel gejammert.“

Auch ein Blick auf die TV-Bachelorette könnte helfen. Bei einem Date mit Kandidat Lukas traute sich Sharon Battiste erstmals, ihre Perücke abzulegen. Ihre Angst war unbegründet, der Personal Trainer, selbst haarlos, nahm es mit Humor: „Glatze und Glatze verstehen sich.“

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