Gar nicht altbacken: Fünfzig und fabelhaft
Ein zentraler Satz der neuen „Sex and the City“-Serie fällt gleich in einer der ersten Szenen: „Ich täusche kein Alter vor“, sagt die züchtige Charlotte York beim Ladys-Brunch bestimmt, „ich bin 55!“
Wäre das auch geklärt. 17 Jahre nach dem Ende der Kultserie, die von Single-Frauen in ihren Dreißigern handelte, rücken die neuen Folgen nun das Leben und Lieben von Frauen jenseits der 50 in den Fokus – ihren Umgang mit pubertierenden Kindern, grauen Haaren und den neuen Spielregeln in einer „woken“ Gesellschaft mit Instagram und Podcasts.
Wendepunkte
Dass die drei Hauptdarstellerinnen in der fiktiven Welt genauso alt (und grau) sein dürfen wie in der realen – nämlich 55 und 56 –, wurde bereits vor der TV-Premiere als wichtiges Signal einer neuen, selbstbewussten Frauengeneration gefeiert.
Dieser huldigt nun auch ein neues Buch, das die ORF-Journalistin Birgit Fenderl gemeinsam mit der Fotografin Sabine Hauswirth geschrieben hat. Die beiden Freundinnen porträtieren darin 22 Frauen aus unterschiedlichen Lebenswelten, darunter die Schauspielerin Katharina Stemberger, die ägyptischstämmige Bloggerin Nancy Semeda oder Michaela Kardeis, die als erste weibliche Generaldirektorin für öffentliche Sicherheit Geschichte schrieb.
Sie alle stehen kurz vor ihrem 50. Geburtstag oder haben diesen – wie Fenderl selbst – bereits hinter sich gebracht. Einige kamen auch schon in ihrem Buch „30erinnen“ vor, das vor genau 20 Jahren erschienen ist.
Der 50er sei ebenso ein Wendepunkt wie der 30er, sagt Fenderl zum KURIER. „Für Frauen ändert sich in diesem Lebensabschnitt oft viel, genauso wie rund um die 30, als die Kinderfrage im Fokus stand. Mit 50 werden die Entscheidungen von vor 20 Jahren – Stichwort Teilzeitfalle – spürbar. Deshalb war es ein guter Zeitpunkt, nachzufragen, was aus diesen Frauenleben geworden ist und ob sich ihre Wünsche verwirklichen ließen.“
Herausgekommen ist ebenso Ernüchterndes wie Erfreuliches. Die heutigen „Fünfzigerinnen“ – sie kamen in den späten 1960ern oder frühen 1970ern zur Welt, befinden sich also an der Schwelle von den Babyboomern zur Generation X – beschäftigt vor allem die Frage der Gleichstellung, sagt Fenderl. „Die Frauen im Buch haben unterschiedliche Jobs, sind Mütter oder nicht. Doch alle stellten fest, dass es ein Unterschied ist, ob man als Bub oder Mädchen geboren wird. Wir mussten mehr leisten als Männer, um ernst genommen zu werden. Vereinbarkeit ist immer noch Frauensache.“
Selbstbild
Viele 50-Jährige leiden zudem darunter, mit fortschreitendem Alter „unsichtbar“ zu werden. „Wir haben mit einigen Schauspielerinnen gesprochen, die uns erzählt haben, dass sie kaum noch Rollen bekommen“, berichtet Fenderl. Superstars wie Jennifer Lopez oder Jennifer Aniston (beide 52, optisch kaum 40) wirken dem entgegen und verändern das mediale Bild.
Ein wesentlicher Unterschied zu damals, sagt Fenderl. „Mit 30 kamen uns 50-Jährige alt vor. Das hat sich geändert – die Gesellschaft ist jugendlicher geworden.“
Dass Älterwerden auch Vorteile hat, weiß Fenderl aus eigener Erfahrung. Vor drei Jahren wagte die Ex-„ZiB“-Moderatorin einen „Kurswechsel“ vom Politjournalismus in das softere Infotainment (als Moderatorin von „Studio 2“). Ein Schritt, der ihr vor 20 Jahren noch nicht so leicht gefallen wäre. „Aber mit 50 ist man mehr bei seinem Selbstbild angelangt. Man lernt, Nein zu sagen, und dass man sich nicht mehr dauernd beweisen muss.“
Und was sagt die Mutter einer 16-Jährigen zu den grauen Haaren von Carrie Bradshaw und ihren Freundinnen in der Serie? „Also ich finde das super. Nur selber bin ich noch nicht so weit.“
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