Farblehre: Rot wie Blut, Wut, Liebe, Macht und Sieg

Farblehre: Rot wie Blut, Wut, Liebe, Macht und Sieg
Die Signalfarbe wird mit Blut assoziiert und eignet sich perfekt für lebenswichtige Botschaften.

Zinnoberrot – ins Gelb tendierend. Scharlachrot – orangestichig. Hochrot – im Blutrausch. Karminrot – mit violettem Touch. Braunrot – abgemischt mit Grau. Rot ist eine Illusion. Fällt Licht in einer bestimmten Wellenlänge ins Auge, entsteht im Hirn eine Farbnuance. Und löst unterschiedliche Emotionen aus.

Situation

„Wie die Farbe wirkt, hängt stark von der Situation ab“, weiß die deutsche Psychologin Daniela Niesta Kayser, die sich wissenschaftlich mit roter Magie beschäftigt hat. Die Palette reicht vom erotischen Lockstoff bis zum Warnsignal im Verkehr, von Aggression bis Liebe. Prinzipiell ist Rot die perfekte Farbe für lebenswichtige Botschaften.

Blut

„Die Signalfarbe wird immer – bewusst und unbewusst – mit Blut assoziiert; im positiven und im negativen Sinn“, sagt die Klinische Psychologin und Sexualpsychologin Daniela Renn: „Blut fließt durchs Herz, ohne das im Körper nichts funktioniert. Es ist das zentrale Symbol für Leben und Liebe.“ Der ganz besondere Saft – gefärbt durch den eisenhaltigen Proteinkomplex Hämoglobin – kann aber auch Angst machen. Seit Menschengedenken weist Rot auf Gefahren hin. Auf Verletzungen und giftige Beeren musste rasch reagiert werden. In arabischen Ländern steht Rot heute noch oft in Zusammenhang mit Krankheit, Leid und Gewalt.

„Die Bedeutung von Farben ist nicht universell“, betont Renn. Der der rote Schrei nach Aufmerksamkeit gilt allerdings weltweit. Er bekennt in Mode, Natur, Sport und Politik Farbe.

Mode

„Rot unterstreicht das Selbstbewusstsein. Es drückt Dominanz und Stärke aus. Damit lässt sich Energie gewinnen. Mit Rot steht man automatisch im Mittelpunkt. Es zieht die Blicke von Frauen und Männern an“, sagt Susanne Voggenberger. Die Stilexpertin weiß auch, wie die Farbe der Erotik geschmackvoll getragen wird: „Ein rotes Kleidungsstück sollte schlicht gehalten sein. Ist es überladen, reduziert das seine Wirkung.“

Mit dem optischen Knaller lassen sich genauso Akzente setzen. Bestes Beispiel für den großen Auftritt: Die rotbesohlten Schuhe von Christian Louboutin. „Rot hat in der kalten Jahreszeit Saison, es wärmt. Das wäre im Sommer unpassend“, sagt die Fashionstylistin. Darüber hinaus bleibt Rot immer anziehend: „Jeder Frau steht Rot. Man muss nur die Nuance auf den Hautton abstimmen.“

Natur

Farblehre: Rot wie Blut, Wut, Liebe, Macht und Sieg

„Rot wird in der Natur sparsam eingesetzt“, sagt Peter Sziemer von Naturhistorischen Museum Wien, NHM. Nur wenige Säugetiere – nicht einmal Stiere – und Vögel sehen die Farbe deutlich. Sie nutzen sie zum Locken, Warnen oder Tarnen: Pavianweibchen signalisieren mit dem roten Po Paarungsbereitschaft, Mandrillmännchen rufen mit rotem Hinterteil lautlos zur Flucht. Marienkäfer und Feuerwanzen wollen mit ihrer Zeichnung Fressfeinde abschrecken. Rote Garnelen können sich in finsterer Tiefsee besonders gut verstecken. „Rot kommt auch bei  Blüten selten vor“, sagt der Biologe: „Rote Rosen sind ein Zuchtprodukt.“

Sport

Der FC Liverpool schlüpft seit 1896 in rote Dressen, The Reds zählen mit 18 Meistertiteln zu den Top-Fußball-Vereinen Englands. Ferrari schickt seine Formel-1-Autos seit 1948 in Rot auf die Strecke, der Lack-Ton Rosso Corsa hat sich im Motorsport einen Namen gemacht. Die Rotjacken des Klagenfurter Athletiksport Club halten mit 30 Meistertiteln österreichischen Eishockey-Rekord. Rot ist oft Farbe der Sieger: Britische Anthropologen stellten bei den Olympischen Spielen 2004 fest, dass rotgekleidete Boxer und Ringer häufiger gewannen als jene in Blau. Deutsche Sportpsychologen fanden heraus, dass Richter Taekwondo-Kämpfer mit rotem Brustschutz besser bewerteten.

Politik

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Bei den Römern galt Purpur als Symbol der Macht. Nur des Kaisers Kleider durften damals in der mühsam gewonnen Rot-Nuance gefärbt sein. Senatoren mussten sich mit einem purpurnen Band an der Toga begnügen. Ab dem 11. Jahrhundert entdeckte auch die Kirche rote Roben für sich: Katholische Würdenträger signalisierten damit die Bereitschaft, für den Glauben eigenes Blut zu vergießen. Im Mittelalter waren rote Mäntel dem Adel vorbehalten. Zur Französischen Revolution protestierten die Jakobiner daher mit roten Mützen. Heute wird Rot als die Farbe der Arbeiter verstanden. Klassisch gibt sie bei sozialdemokratischen, sozialistischen und kommunistischen Parteien, Bewegungen und Gewerkschaften den Ton an.

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