Sie war die Erste im Orbit – und das in Zeiten, als die Raumfahrt noch unerforscht und ein waghalsiges Experiment war. Kosmonautin Valentina Tereschkowa startete 1963 an Bord von Wostok 6 ins All. Ihr folgten insgesamt nur 59 Frauen nach. Das soll sich jetzt ändern. Die deutsche Weltraum-Managerin Claudia Kessler hat die Kampagne „Astronautin“ gestartet. Der zwölfte deutsche Mensch im All sollte eine Frau sein, lautet ihre Ansage. Bisher waren alle elf deutschen Astronauten Männer. Kesslers Arbeitgeber „HE Space“ ist eine Art Zeitarbeitsfirma, die auch für die Europäische Weltraumorganisation (ESA) Ingenieure auswählt. Kessler, die als Mädchen davon träumte, Astronautin zu werden, gelang dieses Vorhaben nicht. Als eine Ausschreibung kam, hatte sie das vorausgesetzte Studium der Luft- und Raumfahrt noch nicht abgeschlossen. Nun will sie zumindest anderen dabei helfen, ihren Traum zu verwirklichen.
Voraussetzungen
Wer sich als Weltraum-Anwärterin bewerben will, muss neben einem abgeschlossenen naturwissenschaftlichen oder medizinischen Studium drei Jahre Berufserfahrung vorweisen und sämtliche psychologische und medizinische Tests bestehen. Interesse für Sport, Abenteuer und im besten Fall ein außergewöhnliches Hobby, wie Klettern, Höhlenwandern oder Fliegen, inklusive Pilotenschein, werden ebenfalls vorausgesetzt. Bis Ende April können sich interessierte Frauen bewerben, davon kommen zwei ins Finale. Sie absolvieren ab Herbst im russischen Juri-Gagarin Kosmonautentrainingszentrum, außerhalb von Moskau, eine Ausbildung zur Astronautin. Das Ziel: 2020 soll eine von beiden in den Weltraum fliegen. Finanziert wird das Projekt durch Crowdfunding und Spenden. Claudia Kessler rechnet mit Kosten in Millionenhöhe.
Die erste deutsche Astronautin soll auch für medizinische Zwecke untersucht werden: Welche Folgen Schwerelosigkeit auf den weiblichen Körper hat. Wie Herz-Kreislauf-System, Muskulatur und Körpertemperatur auf die Bedingungen im All reagieren. Bisher gebe es zu wenig Untersuchungen und Daten. Unterstützt wird das Weltraum-Casting vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) – an dessen Spitze eine Wienerin steht. Die Astrobiologin Pascale Ehrenfreund sieht es als Chance, jungen Frauen ein naturwissenschaftliches Studium schmackhaft zu machen. Ehrenfreund habilitierte selbst 1999 in Astrochemie – damals als eine der wenigen Frauen in diesem Bereich. Sie ist davon überzeugt, dass sich durch die Casting-Idee ebenfalls mehr Menschen für das Thema Raumfahrt begeistern werden.
Faszination Weltraum
Dass die Faszination Weltraum groß ist, zeigte sich zuletzt bei einer Stellenausschreibung der US-Raumfahrtbehörde NASA: Fast 20.000 Amerikaner bewarben sich für einen Job im All. Nach einem mehrmonatigen Auswahlverfahren will die NASA bis Mitte 2017 die Namen der 14 Finalisten nennen. Dann sollen sie ebenfalls zwei Jahre lang zu Astronauten ausgebildet werden. Wie viele Frauen unter den Bewerbern sind, ist nicht bekannt. Klar ist, dass die Posten zwischen Männern und Frauen gleichmäßig verteilt werden sollen. Derzeit sind nur ein Viertel der knapp 50 aktiven NASA-Astronauten Frauen. Valentina Tereschkowa, die 20 Jahre vor der ersten US-Amerikanerin im All war, traut sich nach wie vor eine weitere Mission zu. Das erzählte sie vergangenen September am Rande einer Ausstellung über die Geburt des Weltraumzeitalters. Nichts würde sie lieber tun, als das bahnbrechende Experiment von 1963 noch einmal zu wiederholen.
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