Der Ausverkauf des Feminismus

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Die US-Publizistin Andi Zeisler beklagt die Vermarktung einer politischen Bewegung.

Was haben Beyoncé, Emma Watson und Taylor Swift gemeinsam? Die nächstliegende Antwort lautet, dass es sich bei allen drei Frauen um erfolgreiche Hollywood-Stars handelt. Etwas ferner liegt jene, dass sich jede von ihnen in jüngster Vergangenheit als Feministin deklariert hat. Diese Liste prominenter Namen lässt sich mit Stars wie Jennifer Lawrence, Miley Cyrus oder Lena Dunham fortführen.

Das zeigt: Das Klischee von Feministinnen als frustrierte Furien in lila Latzhosen, die Faust geballt und mit Haaren auf den Zähnen, ist endgültig passé. Im Jahr 2017 schlendern die modernen Frauen von heute mit T-Shirts, auf denen der Schriftzug "Feminismus" prangt, durch die städtischen Einkaufsmeilen.

Mainstream

Dass der Feminismus im Mainstream angekommen ist, hat auch die US-Amerikanerin Andi Zeisler beobachtet. Die Journalistin und Mitgründerin von Bitch Media, einer feministischen Non-Profit-Mediengruppe, setzt sich seit mehr als 20 Jahren mit Feminismus und Popkultur auseinander. Soeben ist ihr Buch "Wir waren doch mal Feministinnen" auf Deutsch erschienen. "Als ich anfing, dieses Buch zu schreiben, geschah etwas Schräges: Feminismus wurde hip", schreibt Zeisler in der Einleitung.

Der Ausverkauf des Feminismus
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So hip, dass man beinahe vergessen könnte, dass Feminismus eine politische Bewegung ist, die seit Jahrzehnten für Gleichberechtigung kämpft. Diese Entwicklung gipfelte vergangenes Jahr unter anderem darin, dass bei einer Dior-Modenschau Models in T-Shirts mit der Aufschrift "We Should All Be Feminists" ("Wir sollten alle Feministinnen sein") über den Laufsteg liefen.

Feministische Botschaften werden laut Zeisler heute dafür genutzt, um Produkte zu vermarkten. "Je bedeutender feministische Debatten wurden, desto stärker wurde versucht, sie dafür zu nutzen, uns Dinge zu verkaufen. Und wenn ich sage uns, meine ich damit hauptsächlich Frauen." Dieses Phänomen bezeichnet Zeisler als "Marktplatz-Feminismus". Die Idee dahinter ist, Frauen das Kaufen von Dingen als Entscheidung zu mehr vermeintlicher Selbstbestimmung zu präsentieren. Damit das Konzept aufgeht, müssten Produkte den Anschein erwecken, cool und feministisch zu sein. "Darum gibt es jetzt einen Haufen lächerliches Zeug, das als feministisch vermarktet wird, weil das im Moment eben angesagt ist", sagt Zeisler.

Frausein feiern

Vor zehn oder zwanzig Jahren wären solche Konsumgüter noch angepriesen worden, indem sie an die Unsicherheit oder Eitelkeit von Frauen appellierten, sagt Zeisler. "Heute sprechen sie eher die Macht von Frauen an oder suggerieren, dass sie das Frausein feiern".

Mit Feminismus als politischer Bewegung hat das laut der österreichischen Journalistin, Autorin und Feministin Elfriede Hammerl nichts mehr zu tun. "Was ich ebenfalls beobachte, ist Feminismus als Lifestyle-Accessoire", sagt Hammerl. Die von Medien gern porträtierte erfolgreiche Frau würde Selbstbewusstsein und Durchsetzungsvermögen als eine Art Deko-Element tragen und feministische Errungenschaften zu ihrem persönlichen Vorteil nutzen. An politischer Mitgestaltung sei sie jedoch nicht interessiert.

Promis als Vorreiter

Durchaus etwas abgewinnen kann Hammerl hingegen jenen Prominenten, die sich in der Öffentlichkeit als Feministinnen deklarieren. "Sie fungieren als Meinungsvervielfältiger, was schon mal ganz gut ist." Auch Zeisler sagt, dass Mega-Stars wie Beyoncé mit ihrer Meinung die Verbreitung von Feminismus unterstützen können.

Der Ausverkauf des Feminismus
IMAGE DISTRIBUTED FOR PARKWOOD ENTERTAINMENT - Beyonce performs during the On The Run tour at M&T Bank Stadium on Monday July 7, 2014 in Baltimore. (Photo by Mason Poole/Invision for Parkwood Entertainment/AP Images)

Trotz der Kommerzialisierung von Feminismus gehe die politische Arbeit im Hintergrund weiter, ist Zeisler überzeugt. "Das ist aber nichts, worüber die Leute sprechen, weil es nicht sexy ist. Es ist sogar richtig hart, denn es geht um Dinge, über die Menschen nicht ständig nachdenken wollen – wie zum Beispiel Armut, gleichberechtigte Bezahlung und Reproduktionsrechte."

Buchtipp: "Wir waren doch mal Feministinnen: Vom Riot Grrrl zum Covergirl – Der Ausverkauf einer politischen Bewegung" von Andi Zeisler, Rotpunktverlag, 25 Euro

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Andi Zeisler

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