Ärztekammer: Anreiz durch Prämien

Zu wenige Eltern nützen das Angebot der kostenlosen Vorschuluntersuchungen für ihre Kinder. Ärzte warnen.

Die Untersuchungen im Mutter-Kind-Pass seien nicht nur im Hinblick auf die geistige und soziale Schulreife nötig. Der Vorschuluntersuchung komme auch eine präventive Funktion zu: "Immerhin wird der Grundstein für Zivilisationskrankheiten bereits in der Kindheit gelegt, und zwar durch falsche Ernährung und Bewegungsmangel. Speziell Adipositas ist bei Kindern und Jugendlichen auf dem Vormarsch", heißt es in einer Aussendung der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK). Sie fordert daher ein Anreizsystem, um die niedrige Untersuchungsfrequenz nachhaltig zu heben. ÖÄK-Präsident Artur Wechselberger: „Man muss die Menschen dafür belohnen, dass sie diese kostenlose Leistung im Interesse ihrer Kinder in Anspruch nehmen.“ Vorstellbar sei ein Prämienmodell nach dem Vorbild Oberösterreich: Werden alle Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen durchgeführt, erhalten die Eltern eine Prämie. „Die Untersuchungsfrequenz konnte so auf zumindest 65 Prozent gesteigert werden. Der österreichweite Durchschnitt liegt bei 30 Prozent, in Wien sind es gar nur 20 Prozent.“

Mehr Kompetenzen

In den Pflichtschulen sollen den Schulärzten mehr Kompetenzen in die Hand gegeben werden, ergänzte Gudrun Weber, Sprecherin der Schulärzte: „Derzeit ist es so, dass wir Schulärzte ein Screening machen. Wichtig wäre aber auch, dass mehr Zeit für die Beratung von Kindern, Eltern und Lehrern zur Verfügung steht. So können wir dazu beitragen, das Gesundheitsbewusstsein zu schärfen und regelmäßige Kontrollen bei den Haus- bzw. Kinderärzten veranlassen.“ Speziell die Ressource Zeit sei derzeit aber Mangelware, da Schulärzte sich nur stundenweise in den Schulen aufhalten würden und oft nur zur Reihenuntersuchung anwesend seien.

Übergewicht

Dass Handlungsbedarf besteht, steht für Weber außer Frage: „Es gibt Kinder, die mit zehn Jahren schon 80 Kilo auf die Waage bringen. Diese Kinder haben ein stark erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Stoffwechselstörungen oder Erkrankungen des Bewegungsapparates. Dazu kommt der psychische Druck, der etwa durch Mobbing verursacht wird.“ Derzeit seien 24 Prozent der Sieben- bis 14-Jährigen übergewichtig, davon wiederum acht Prozent adipös. Weber: „Das Ernährungs- und Bewegungsverhalten ist stark verbesserungswürdig. Wir wissen z.B., dass Obst und Gemüse nur selten auf dem Speiseplan der Betroffenen zu finden sind, dafür aber ein hoher Anteil an Süßigkeiten. In Kombination mit mangelnder Bewegung führt das natürlich zu Übergewicht.“

Für ÖÄK-Vizepräsident und Leiter des Schulärztereferats, Karl Forstner, ist die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen ein ressortübergreifendes politisches Ziel. „2008 wurde im Regierungsprogramm festgelegt, dass die ,gesunde Schule‘ weiterentwickelt bzw. umgesetzt werden soll“, so Forstner. Der ÖÄK-Vizepräsident appellierte an Unterrichts- und Gesundheitsministerium, die Gesundheit der Kinder nicht durch mangelnde Kooperation aufs Spiel zu setzen.

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