Beethoven für Auge und Ohr im Kunsthistorischen Museum
Er wolle sich eigentlich nicht dafür rechtfertigen, dass ausgerechnet das Kunsthistorische Museum (KHM) eine Beethoven-Ausstellung ansetzt, sagt Andreas Kugler. Es stimme zwar: Die Sammlungen des Hauses bieten wenig Konnex zur Biografie des Komponisten (1770 – 1827). „Doch dass man sich nicht zuständig fühlt, nur weil man nicht das richtige Objekt hat – so funktioniert Kultur nicht“, sagt der Kurator. Als Komponist, als symbolische Figur, als Klischee sei Beethoven vielmehr Produkt eines großen kulturellen Stroms, der von der Vergangenheit bis in die Gegenwart reicht. „Und vieles im Museum führt zu Beethoven hin.“
Bewegende Bilder
Die Schau „Beethoven bewegt“, die von 25. März bis 5. Juli 2020 in vier Sälen der KHM-Gemäldegalerie zu sehen sein wird, tritt nicht an, um biografische oder musikwissenschaftliche Details zu vertiefen, sagt Kugler. „Wir versuchen, ein assoziatives Netz zu spannen. Wir wollen die Person und die Musik in vielerlei Weise mit Werken bildender Kunst verknüpfen.“
Das Streben nach emotionaler Tiefe verbindet Beethovens Musik mit dem Ansinnen vieler anderer Kunstschaffender: Auf dem Weg zu existenziellen Erlebnissen war der Komponist auch gewillt, das Terrain der Schönheit zu verlassen. Und er befand sich dabei durchaus in einem Dialog mit Zeitgenossen, Vorbildern und Nachfolgern.
Die KHM-Schau wird etwa Gemälde des deutschen Romantikers Caspar David Friedrich nach Wien holen, der die Idee des „Erhabenen“ wie wenige Künstler sonst verbildlichte.
Oder Werke von Auguste Rodin, der selbst eine Beethoven-Büste schuf, 1905 eine „Beethoven-Gesellschaft“ in Paris mitbegründete und sich als ernster Gigant der Skulptur auch selbst als Geistesverwandter des Komponisten zu stilisieren wusste.
Ebenso Teil der Schau sind John Baldessaris Skulptur „Beethoven’s Trumpet“, 2007 in Bonn entstanden, oder Werke der Künstlerin und ausgebildeten Cellistin Jorinde Voigt, die musikalische Strukturen ins Medium der Zeichnung überträgt. Inszeniert werden die Kunstwerke gemeinsam mit originalen Noten-Autografen in Räumen, in denen auch Beethovens Musik zu hören ist. Die Frage, welche künstlerischen Formen welche Empfindungen auslösen, und wo die Stärken und Schwächen einzelner Ausdrucksweisen liegen, schwingt da fast zwingend mit.
Initialzündungen
Das Projekt, das ursprünglich vom damals designierten KHM-Direktor Eike Schmidt angestoßen wurde, verknüpft viele Ressourcen des Museumsverbands. Neben Kugler, der vom Theatermuseum kommt, arbeitet der Leiter der KHM-Gemäldegalerie, Stefan Weppelmann, an dem Projekt. Außerdem Kurator Jasper Sharp, der mit Ausstellungen wie „The Shape of Time“ und Retrospektiven zu Mark Rothko, Joseph Cornell und Lucian Freud schon öfters die Brücke zwischen historischer und zeitgenössischer Kunst geschlagen hat. Der Leiter der Kunstvermittlung, Andreas Zimmerman, ist ebenso Teil des Kuratorenteams, das in erster Linie nicht belehren, sondern Scheu abbauen und begeistern will, wie Kugler sagt: „Im Kern geht es darum, Beethoven zu hören, sich packen und sich anstoßen zu lassen.“
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