Beethoven für alle: Highlights im Jubiläumsjahr 2020
Revolutionsmusik und Widerspruchsgeist, Disco-Schiff und Kinderprogramm: Der Wahlwiener Beethoven, der ab seinem 22. Lebensjahr für 35 Jahre in der Donaumetropole gelebt hat, soll 2020 für alle Publikumsgruppen und über Wien hinaus bekannt gemacht werden. Neben zahlreichen Konzerten und u. a. dem „Fidelio“ im Theater an der Wien und in der Urfassung in der Staatsoper wird Beethovens Musik und Geist auch in die Stadt hinausgetragen.
Und natürlich auch von den wichtigen Kulturinstitutionen des ganzen Landes gefeiert.
Das Beethovenjahr ist jedoch anders gestaltet als das Jubeljahr für Mozart: Bonn als auch Wien verzichten auf große selbst kuratierte Programmschienen und Uraufführungen (wie dereinst von Peter Sellars und Co zu Mozart). Vielmehr koordiniert und vermarktet das Büro "Beethoven 2020" das, was die Kulturinstitutionen selbst auf die Beine stellen. An Beethoven wird es jedenfalls keinen Mangel geben.
Ein (keineswegs vollständiger!) Überblick, programmatisch gegliedert:
Beethoven in Konzertsaal und Oper
Beethoven wird eigentlich immer gespielt – aber 2020 gilt es, ihm auch im Konzertsaal und in der Oper noch mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Das kann man schon zum Jahreswechsel: Die Symphoniker spielen traditionell zu Silvester die 9. Symphonie. Und auch der Silvesterpfad in Wien steht im Zeichen Beethovens: Nach dem „Donauwalzer“ gibt es 2020 gleich die „Ode an die Freude“.
Und auch beim weltberühmten Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker erklingt im Musikverein Beethoven (bzw. Beethoven-Nahes): Das 2020 von Andris Nelsons geleitete Orchester spielt zu Ehren des Jahresregenten dessen „12 Contretänze“ sowie den Strauß-Walzer „Seid umschlungen, Millionen“. Auch die Filme zu den Balletteinlagen stehen im Zeichen Beethovens. Selbst das 150-Jahre-Festkonzert des Musikvereins bietet Beethoven. In den Wiener Konzertsälen folgen mehr hochkarätige Beethoven-Konzerte, als man aufzählen kann. Im Theater an der Wien gibt es neben dem „Fidelio“ u. a. mit „Egmont“ von Christian Jost eine Uraufführung.
An der Staatsoper gestaltet Amelie Niermeyer eine Urfassung („Leonore“, 1. Februar, dazu gibt es einen vierteiligen Liederzyklus). Die Inszenierung der dritten „Fidelio“-Fassung von Otto Schenk wird im April in einer hochkarätigen Besetzung gezeigt. Zum 100-Jahr-Jubiläum geben auch die Salzburger Festspiele Beethoven, zudem setzt der neue Leiter der Tiroler Festspiele Erl, Bernd Loebe, auf den Jahresregenten.
Beethoven als Ausstellung
Neben dem musikalischen Werk gilt es dem Komponisten als Person, seinem Denken und Freiheitswillen, seinen Idealen und seinen Schwächen näher zu kommen. Dafür bieten sich 2020 zahlreiche Ausstellungen an.
Den Auftakt macht die Österreichische Nationalbibliothek, wo es bereits ab 19. Dezember 2019 bis zum 19. April die Schau „Menschenwelt und Götterfunken“ zu sehen gibt. Im Prunksaal der ÖNB werden dabei Beethovens Begegnungen – mit Familie, Frauen, Freunden und Kollegen – ebenso beleuchtet (in Briefen und Dokumenten) wie Originalhandschriften wichtiger Kompositionen und, als Leihgabe der Staatsbibliothek zu Berlin und zum ersten Mal in Österreich, die Handschrift zur 9. Symphonie mit den berühmten Textworten „Freude schöner Götterfunken“.
Ab 25. März folgt dann das Kunsthistorische Museum mit „Beethoven bewegt“. Im Leopold Museum wird Beethoven als Ideengeber für das hauseigene Spezialgebiet Wien um 1900 gezeigt, die Ausstellung „Inspiration Beethoven. Eine Symphonie in Bildern aus Wien 1900“ läuft von 30.5. bis 21. September. Den Brückenschlag zum Mozartjahr 2006 macht das Mozarthaus mit der Sonderausstellung „Die Trias der Wiener Klassik: Haydn – Mozart – Beethoven. Gemeinsamkeiten – Parallelen – Gegensätze“ (13. 2. 2020 – 31. 1. 2021).
Die Wien-Bibliothek im Rathaus widmet sich ab dem 28. Februar „Beethoven und seinen Verlegern“ (bis 4. September). Das Bezirksmuseum Floridsdorf zeigt „Ludwig van Beethoven zu Gast in Jedlesee“ (21. Juni) und als Dauerausstellung das „Beethoven- Erdödy-Zimmer“ mit Beethovens Locke.
Und im Jüdischen Museum Wien gibt es den Vortrag „Ludwig Beethoven und die jüdischen Salonièren“ (23. Jänner).
Beethoven für die ganze Familie
Beethoven von einer sehr persönlichen Seite kann man im Jubiläumsjahr 2020 im Haus der Musik kennenlernen. „Beethoven und die Liebe“ heißt etwa die Führung, die sich an Jugendliche und Erwachsene richtet – und sich mit jenen Werken des Komponisten beschäftigt, die durch sein „Verliebtsein“ und großteils unglückliche Liebesverhältnisse inspiriert wurden. Für Kinder (6 bis 11 Jahre) gibt es „Hör auf Ludwig“: Bei der interaktiven Führung werden Fragen zum Komponisten beantwortet: Wie klingt seine Musik? Wieso hat er am Ende seines Lebens nichts mehr gehört? Letzteres lässt sich bei der „Hörrohrstation“ nachvollziehen: Man kann nachvollziehen, wie es ist, wenn man ertaubt. Der beliebte Musikvermittler für Kinder, Marko Simsa, bringt ein multimediales Konzert mit einem Löwen namens Beethoven, „Herr Beethoven macht Musik“. Und durch alle Etagen führen Beethoven-Pfade, auf denen man Beethoven als Hologramm begegnen kann – es gibt einen Pfad für Kinder und einen für Erwachsene.
Beethoven in der Stadt und digital
Aber was wäre ein Jubeljahr zu einem Komponisten, der sich den Idealen der Aufklärung verschrieben hat, ohne den Gang hin zu den Menschen. Eines der spannendsten Projekte dockt im Frühling bei der Millennium City an: der „BTHVN2020 Musikfrachter“. Auf dem Schiff, das sechs Wochen lang von Bonn bis Wien unterwegs gewesen sein wird, entstehen Musikprojekte von und für junge Menschen. Es gibt übers Jahr verteilt „Beethoven im Gemeindebau“, in die Stadt gehen auch die Wiener Symphoniker, die bereits eine Einspielung aller Symphonien herausgebracht haben: Sie geben Grätzelkonzerte und feiern das traditionelle „Fest der Freude“ am Heldenplatz mit Beethoven (8. Mai) . Und sie sind auch in Verbindung mit einem publikumsträchtigen Kunstwerk zu erleben: Besucher der Secession können 2020 in einem immersiven Erlebnis Gustav Klimts Beethovenfries untermalt vom Finalsatz aus der Neunten erleben, gespielt von den Symphonikern. 2020 gibt es Beethoven natürlich auch in Verbindung mit High-Tech: Auf Alexa und Google Home – den Sprachassistenten also von Amazon und Google – kann man ein interaktives Hörspiel zum Leben und Schaffen des Komponisten als „Voice-Skill“ abrufen, das der WienTourismus u.a. mit den Symphonikern erarbeitet hat. Die Volkshochschulen bewegen sich „Gehörlos durch Wien“, das Festival Wean Hean, das Filmfestival am Rathausplatz und viele weitere bieten ebenfalls Programm
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