Zu Beginn ist man gleich einmal selbst gefordert. Man soll auf einen Zettel schreiben, was einen gerade belastet: der Ehemann, die Kinder, der Rechtsruck, Kriege, Krisen, das Hühnerauge am Zeh, der Schnupfen, die bevorstehende Weihnachtsfeier, das fehlende Geld am Konto, die Schule usw. Dann einfach den Zettel falten. Und: "Ab in die Box". So lautet auch der Titel der "Zaubershow", die am Mittwochabend im Wiener Kosmos Theater Premiere hatte.
Ausgedacht haben sich die "beste Show von Las bis Vegas" die Musikerin Anna Marboe (Anna Mabo), die Schauspielerin Michaela Bilgeri und der schauspielende Zauberer Raphael Macho. Ausgangspunkt war eine gemeinsame Reise nach Blackpool (England) wo einmal im Jahr die Magic Convention stattfindet, eine Messe für alle Zauberer, Magierinnen und jene, die es noch werden wollen. Dazu hat sich das Trio intensiv mit diversen Unterhaltungsformaten, in denen gezaubert wird, auseinandergesetzt.
Das Ergebnis dieser Recherche und der langen Probenphase (das Zaubern will gelernt sein) bringen nun Michaela Bilgeri und Raphael Macho (beide großartig!) auf die Bühne. Unterstützt werden sie dabei von der Schauspielerin Edwarda Gurrola, die mit ihrem herrlich feurigen und sympathisch-quirligen Temperament die Bühne rockt. Anna Marboe führte Regie dieser fast zwei Stunden (ohne Pause) dauernden Vorführung, in dem es um das „ehrlichste Gewerbe der Welt geht“: Die Magie. Wahrheit sei, wie Michaela Bilgeri auf der Bühne sagt, dabei nur ein Spielverderber.
Das Stück hat mehr zu bieten als gut umgesetzte Tricks, tolle Unterhaltung und solide Illusion. Man fragt sich dabei oft: Wie hat sie das gemacht, wie hat er schon wieder die richtige Karte „erraten“. Auflösung gibt es teilweise in der zweiten Hälfte des Abends, in der nicht mehr (oder nur noch ein bisschen) gezaubert wird und dem Publikum ein paar Zaubertricks verraten werden.
Lüge
In „Ab in die Box“ macht man sich auch über die oft sehr eitel wie überheblich dargebotene Zauberkunst, das ganze elitäre Hokuspokus auch lustig, was wiederum sehr lustig ist. Außerdem geht es im Stück auch um die Suche nach Wahrheit. Oder will man die eh gar nicht wissen. Ist es nicht besser, schöner, einfach angelogen zu werden? Und vom Angelogenwerden ist es nicht mehr weit zum Populismus, der ja gerade (siehe Wahlen) sehr beliebt ist, vielleicht auch deshalb, weil die Leute gerne angelogen werden wollen ... .
Das Bühnenbild erinnert an einen Zirkus, an einen Spielraum für Kinder - vollgeräumt mit tollen Sachen, Kisten und einer übergroßen Zündholzschachtel, die dann auch noch zum Einsatz kommt. Neben einem Tiger aus Karton, steht auch noch ein Hase (ebenfalls aus Karton) auf der Bühne herum. Dieser meldet sich dann immer wieder zu Wort, spricht zum Publikum und übt mit pointierten und fast schon philosophischen Sprüchen System- und Gesellschaftskritik. Musikalisch begleitet wird der ganze Zauber von Paula Langthaler, die mit Hasenohren hinter dem Keyboard sitzt und das Schauspiel gekonnt und umsichtig, locker und leicht vertont.
Magie
„Ab in die Box“ ist eine stimmige Mischung aus Varieté-Theater, Comedy, Slapstick-Elementen, Schauspiel, Zirkus und Zaubershow. Am Ende des Abends geht man also durchaus verzaubert und sicherlich mit einem Ohrwurm („Abracadabra“ der Steve Miller Band) nach Hause. Mit auf dem Weg bekommt man einen Zettel, den man aus der Box, in denen die Besucher zu Beginn des Stücks ihre Sorgen und Ängste geschrieben haben, ziehen muss. Man verlässt also mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mit seinem eigenen Zettel, seinen eigenen Sorgen, das Kosmos Theater. Glücklich der, der einen der drei Zettel zieht, die am Ende des Abends von Michaela Bilgeri auf die drei Boxen aufgeteilt werden. Auf diesen steht: „Alles wird gut.“ Die Magie machts möglich.
INFOS: „Ab in die Box“ im Kosmos Theater (Siebensterngasse 42, 1070 Wien). Mit Michaela Bilgeri, Edwarda Gurrola, Raphael Macho. Regie: Anna Marboe. Muisk: Puala Langthaler. Bühne & Kostüm: Tanja Maderner. Termine: 6./7./11./12./13./14. Dezember (Beginn: 20 Uhr) und am 8. Dezember (Beginn: 18 Uhr).
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