KURIER: Was steht hinter dem kryptischen Albumtitel, Songs die den Namen „11 5 18 12 1 14 14“ tragen
Yann Tiersen: Das Album ist im Grunde genommen meine Arbeit an einer Live-Version von „Kerber“ für die letztjährige Superbooth-Synthesizer-Messe in Berlin: Anstatt das Album zu spielen, habe ich einfach alles gesampelt, was mir wichtig erschien. Entstanden sind so neue Songs, die auf dem „Kerber“-Material basieren.
Mit dem Original hat das aber kaum noch was zu tun.
Das stimmt. Bis auf die Quelle der Samples ist alles anders, alles neu. Da es stark auf eine synthetische Klangerzeugung, bei der ein kontinuierlicher Klang aus vielen kleinen Einzelklängen neu zusammengesetzt wird, basiert, habe ich versucht, die früheren Titel in Zahlen zu übersetzen, die einem bestimmten Code folgen. Wenn man so will, war das genau derselbe Prozess, den ich musikalisch gemacht habe. Der Code ist ziemlich einfach zu entschlüsseln ...
Stecken hinter den Zahlen die Buchstaben des Alphabets?
Ja, genau.
Das Album ist enorm Bass-lastig, könnte auch von einem Techno-Produzenten stammen. Woher kommt diese Liebe zur elektronischen Tanzmusik, zu Synthesizern?
Meine erste Platte, die ich mir als Jugendlicher gekauft habe, war eine Platte von OMD. Und als ich 13 Jahre alt war, habe mir dann auch meinen ersten Synthesizer gekauft. Das war ein Roland Juno 106 – damit fing alles an. In diesem Sinne ist das, was ich heute mache, eher eine Rückkehr zu meinen Wurzeln.
Haben Sie für das Album also ausschließlich mit analogen Klangerzeugern gearbeitet?
Ganz genau. Ich habe keinen Computer verwendet, sondern mit einem kleinen analogen Set-up gearbeitet: Ein Elektron Octatrack, eine 303, eine Drummachine und ein DJ-Mixer. Ich habe dafür zum Beispiel Ritchie Hawtins Modell 1 benutzt. Das Album kommt im Grunde als Zwei-Spur-Stereosignal aus dem Mixer.
Haben Sie sich im Vorfeld auch durch verschiedene Techno-Tracks gehört, gab es Einflüsse oder Inspirationsquellen aus der elektronischen Musik?
Ich höre ständig eine Menge elektronischer Musik, vor allem seit ich eine Radioshow für „Blast Radio“ mache. Außerdem versuche ich wirklich, mich nicht zu wiederholen. Jedes neue Album ist ein neues Abenteuer, wenn man so will.
Zwischen den Bässen und Synthesizern schimmern immer wieder warme und angenehme Klänge durch. Es gibt auch Gesang. Wem gehört die Stimme?
Das ist meine Frau Èmilie alias Quinquis, die gerade selbst ein neues Album veröffentlicht hat (siehe CD-Kritik unten, Anm. der Red.).
CD-Kritik: „11 5 18 2 5 18“ von Yann Tiersen
Unter Verwendung von Samples programmierte und komponierte der französische Musiker Yann Tiersen neue Stücke, die mit ihrem Ausgangsmaterial – seinem Album „Kerber“ (2021) – nicht mehr viel gemein haben. Tiersen geht zwar auf seinem neuen Album den elektronisch angehauchten Ambient-Weg weiter, bringt nun aber auch eine gehörige Portion Tanzbarkeit ins Spiel: Zu verträumten Melodien, piepsenden und gerne in Richtung Kraftwerk drängenden Synthesizer-Klängen reicht er knackige Beats. Gute Entscheidung.
„Seim“ von Quinquis
Die Musikern Émilie Tiersen (Frau von Yann Tiersen) hat sich einen neuen Namen verpasst. Sie veröffentlicht nun nicht mehr unter dem Pseudonym Tiny Feet Musik ihrer gerne düsteren wie melancholischen Songs, sondern nennt sich nun Quinquis. Mit „Seim“ liegt nun ein wunderschönes Album vor, das filigrane elektronische Sounds mit eindringlichen Atmosphären und feinsinnigen Melodien vereint – getragen von Émilies zartem Gesang, der ausschließlich auf Bretonisch vorgetragen wird. Man versteht nichts, spürt aber den Schmerz.
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