Xenia Hausner in der Albertina: Szenen und Szenerien
Xenia Hausner, Meisterin auch des großen Formats, ist unbestritten eine der wichtigsten Künstlerinnen Österreichs: Sie entwickelte einen unverkennbaren, längst perfektionierten Stil.
Bereits 2006 hatte sie – unter dem Titel „Glücksfall“ – eine vielschichtige Ausstellung im Wiener Kunsthaus. Personalen im Belvedere oder im Museum moderner Kunst blieben der nun 70-Jährigen bisher verwehrt. Weil man ihre farbintensive Malerei – allerdings nur auf den flüchtigen Blick – als affirmativ oder illustrativ empfindet? Unter den Bundesmuseen übernahm jetzt die Albertina die Vorreiterrolle: Sie widmete Xenia Hausner in der Basteihalle eine exzellente Ausstellung.
Vorleben ausgespart
Dass es sich, wie in den Presseunterlagen zu lesen ist, um eine „umfassende Retrospektive“ handelt, scheint allerdings stark übertrieben. Denn die Schau mit dem treffenden Titel „True Lies“ setzt erst 1992 ein – mit dem Porträt Renate Ankner. Das „Vorleben“ von Xenia Hausner bleibt so gut wie ausgespart.
Die Tochter des Malers Rudolf Hausner, Halbschwester der Filmregisseurin Jessica Hausner wie der Kostümbildnerin Tanja Hausner studierte ab 1972 unter anderem an der Akademie der bildenden Künste in Wien Bühnenbild. Von 1977 an stattete sie Theater- und Opernproduktionen aus – für die Burg wie die Salzburger Festspiele, für den Covent Garden wie das Theâtre Royal de la Monnaie in Brüssel.
Erst im Jahr 1990 wandte sie sich der Malerei zu. Rückfällig wurde sie nur einmal: Auf inständiges Bitten von André Heller schuf sie das Bühnenbild zum „Rosenkavalier“, der im Februar 2020, knapp vor dem ersten Lockdown, in Berlin herauskam. Für das Verständnis von Xenia Hausners Werk ist dieses „Vorleben“ aber wichtig. Eben weil die Künstlerin in der Regel Szenen mit Szenerien kombiniert, ihre Bilder regelrecht komponiert.
Zwischen den Ebenen – der Aktion im Vordergrund und den Farbflächen im Hintergrund – verläuft oft eine Trennlinie. Die Erklärung dafür liegt in der Arbeitsweise von Xenia Hausner, die auch auf Reisen gerne fotografiert. Mitunter baut sie in ihrem Studio komplexe Situationen auf: Ihre Modelle posieren quasi in einem Bühnenbild, das malerische Ergebnis basiert auf einem „Filmstill“.
Wer mehr darüber erfahren will, muss den Katalog zur Hand nehmen: Das Making-of wie auch der Bereich Fotografie bleibt – eigenartig für ein Museum, das auf grafische Kunst spezialisiert ist – in der „umfassenden Retrospektive“ ausgespart.
Kuratorin Elsy Lahner beschränkt sich auf impressive Gemälde. Und sie lenkt das Interesse auf einige Themen, darunter die Selbstporträts von Xenia Hausner und die Zweierkonstellationen: Oft sind es junge „riot girls“ mit aggressiven Blicken.
Grenzen durchbrechen
Dass die Künstlerin gerne mit dem Format spielt – etwa die Grenzen der Leinwand durchbricht, indem sie diese um Streifen auf Karton erweitert – ist hingegen keine besondere Betrachtung wert.
Und auch der Promi-Faktor wird nicht betont. Obwohl man natürlich erkennt, dass Sunnyi Melles, Alexandra Liedtke oder Peter Simonischek in einer „Rolle“ abgebildet sind. Zudem fehlen viele der Porträts – etwa von Elfriede Jelinek, Claus Peymann, André Heller und das schwache von Heinz Fischer. Das ist gut so. Denn gerade die Männerbildnisse, im Auftrag entstanden, würden die feministische Aussage der Ausstellung konterkarieren.
Mit „big names“ wartet nur der aufgemotzte Katalog auf: Als Autoren fungieren – neben Eva Menasse und Elfriede Jelinek – Daniel Kehlmann, Christoph Ransmayr, Thomas Macho, André Heller und Philipp Blom ...
Aber auch wenn „True Lies“ (bis 8. August) jetzt keine „umfassende Retrospektive“ ist, sondern ein Statement mit dezidierter Aussage und ein figurativer Widerpart zur parallel gezeigten Ausstellung von Jakob Gasteigers „post-radikaler Malerei“: Sie besticht mit 42 der tatsächlich besten Arbeiten von Xenia Hauser. Und wenn man genau schaut, entdeckt man nicht nur Wechselbeziehungen zwischen einzelnen Werken: Da tun sich Seelenzustände und Abgründe auf.
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