KURIER: Nach zehn Jahren haben Sie mit Ende Jänner das Chef-Büro in der Wiener Stadthalle geräumt. Sind Sie wirklich freiwillig gegangen?
Wolfgang Fischer: Ja, weil ich mich mit großer Freude im wahrsten Sinne des Wortes zu neuen Ufern bewege. Ich habe in diesen Jahren viel erreicht: Rücklagen von 16,5 Mio., Eurovision Song Contest mit zehn Prozent Budget-Unterschreitung, Wetten, dass…?, Theaterpreis Nestroy, Weihnachtstraum, Backstage-Führungen eingeführt und das Studio F als Ausstellungsfläche neu adaptiert – und das bei 1,1 Mio. Besuchern und 300 Veranstaltungen jährlich.
Ihren Job hat nun Matthäus Zelenka, ehemaliger Chef der Wien Ticket Gruppe, übernommen. Konnten Sie bei der Wahl Ihres Nachfolgers ein Wörtchen mitreden?
Nein, und das wäre auch unüblich und würde ich nicht machen. Wien Holding-Chef Kurt Gollowitzer kennt aus eigener Erfahrung ausgezeichnet den Betrieb – viele der oben erwähnten Erfolge haben wir gemeinsam erreicht – und braucht keine Zurufe.
Was wünschen Sie Ihrem Nachfolger?
Vor allem wünsche ich meinem Nachfolger, dass endlich das Live-Geschäft wieder angeht, Tipps hat Matthäus Zelenka nicht notwendig.
Was werden Sie an Ihrem alten Arbeitsplatz vermissen?
Eine Vielzahl wahnsinnig engagierter, lieber Kolleginnen und Kollegen, die tollen Künstler und Shows, die ich erleben durfte, das klasse Nibelungenviertel und die „Piazza“ Roland-Rainer-Platz.
Was war Ihr Lieblingsplatz in der Stadthalle?
Das Foyer der Halle D oder Halle F wenn die Türen aufgehen und glückliche Menschen mit einem Lächeln im Gesicht in großer Vorfreude in die Halle drängen. Hoffentlich ist es bald wieder so weit.
Welchen Gast hätten Sie gerne noch persönlich in Empfang genommen?
Da gibt es viele. Von den jüngeren wie Billie Eilish, Taylor Swift, Ed Sheeran bis zu André Heller. Den Heller, der Wien wie kaum ein anderer verkörpert, habe ich mehrfach versucht, in die Halle F zu einem Erzähl-Konzert zu bewegen, wie er das damals zu seinem 60. Geburtstag im Radio Kulturhaus gemacht hat. Das ist mir leider nicht gelungen. Und nach dem genialen Format „Hauskonzert“, das vor wenigen Wochen auf ORFIII zu sehen war, wird es wohl auch nicht mehr gelingen, fürchte ich. Vielleicht bringe ich ihn aber noch auf ein Donau-Schiff. (lacht)
An welche Stars erinnern Sie sich gerne bzw. weniger gerne zurück?
Ich erinnere mich an alle gerne zurück. Ich mag nur jene nicht, die sich über ihr Publikum mit abfälligen Bemerkungen lustig machen. Aber mehr sage ich dazu nicht.
Ihre drei Lieblingsabende in der Wiener Stadthalle?
Es gab rund 3.000 Lieblingsabende, aber natürlich das erste große Wanda-Konzert – sofort ausverkauft. Und altersadäquat Paul McCartney, Charles Aznavour, Joan Baez, Paul Anka …
Medial gab es zuletzt Kritik an Ihrem Führungsstil. Auch der jüngste Rechnungshofbericht entdeckte Mängel. Was ist da dran?
Wer nicht nur verwaltet, sondern gestaltet und fordert, macht sich nicht immer nur Freunde. Und zum Rechnungshof: Die erste umfassende Prüfung einer 63 Jahre alten Halle bringt eben Mängel hervor. Bis Jänner dieses Jahres waren 99 Prozent davon aber bereits wieder behoben.
Dass das Viertel rund um die Wiener Stadthalle zu einem modernen und grünen Grätzl werden soll, steht in Ihrem Bewerbungskonzept als Vision für das Jahr 2020. Nichts davon wurde bislang umgesetzt. Woran lag es?
Das ist das Wesen von Visionen. Nicht immer gehen sie auf, oder nicht gleich. Ich gebe aber die Hoffnung nicht auf.
Was sollte mit der Stadthalle, dem Areal auf keinem Fall passieren?
Ich drehe es um und bin davon überzeugt, dass die Eigentümer weiterhin die Wiener Stadthalle und das Areal, das großes Potenzial hat, im weitesten Sinn als kulturellen Ort der Begegnung sehen werden.
Was wollen Sie Ihren Kritikern zum Abschied sagen?
Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut.
Zur Person
„Wenn man sich mein Berufsleben anschaut, habe ich alle sieben bis zehn Jahre etwas völlig Neues gemacht“, kommentiert Wolfgang Fischer seinen Wechsel von der Wiener Stadthalle zur DDSG Blue Danube. Beim Binnenschifffahrtsunternehmen hat der 60-Jährige mit 1. Februar an der Seite von Wolfgang Hanreich die Geschäftsführung übernommen.
Bevor Fischer zehn Jahre Stadthallen-Chef war, arbeitetet er fast 20 Jahre im ORF. Zuerst als freier Mitarbeiter bei Radio Wien, später u. a. als Leiter des Human Resources Management
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