Anerkennung
Als forschende Künstlerin hat Kazeem-Kamiński in jüngster Zeit dafür geballte Anerkennung erfahren: Der Otto-Mauer-Preis, die renommierteste Auszeichnung für österreichische Kunstschaffende unter 45 Jahren, ist die jüngste Auszeichnung, die Kazeem-Kaminski nach dem „Camera Austria“-Preis, einer Teilnahme an der Liverpool-Biennale 2023 und mehreren internationalen Atelierstipendien verbuchen konnte.
„Ich bin relativ klar in dem, was ich sagen will“, erklärt Kazeem-Kamiński. „Oft sind es am Beginn eines Projekts Bilder, die ich umsetzen möchte, oder eine Songzeile oder ein bestimmtes Gefühl. Die Arbeit beginnt eigentlich immer mit Text, ich schreibe viel, um besser zu begreifen, was ich da vor dem inneren Auge sehe.“
Es sind etwa ethnografische Aufnahmen des österreichischen Missionars Paul Schebesta (1887–1967), die Kazeem-Kamiński in ihrer Arbeit „Unearthing. In Conversation“ mit farbigen Rechtecken teilweise überlagert: Was sichtbar bleibt, sind Posen und Haltungen, mit denen der Forscher die indigene Bevölkerung betrachtete und „vermaß“. In ihrer Ausstellung ab 12. 1. im Jesuitenfoyer wird die Künstlerin die Arbeit erneut zeigen – wirft die Vergabe des Preises durch die Erzdiözese Wien doch auch einen Blick auf Praktiken kirchlicher Missionare.
Den exotisierenden Blick auf das sogenannte Andere destillierte Kazeem-Kamiński auch aus weiteren Zeugnissen österreichischer Kulturgeschichte: Etwa aus der Biografie von Angelo Soliman (um 1721–1796), der zu Lebzeiten in höchsten Kreisen verkehrte und nach seinem Tod ausgestopft präsentiert wurde, oder der Zurschaustellung einer westafrikanischen Personengruppe in Wien, die Peter Altenberg zu der Prosaskizze „Ashantee“ (1897) veranlasste.
Sieht Kazeem-Kamiński etwas spezifisch Österreichisches im Umgang mit schwarzen Menschen hierzulande? „Die Theoretikerin Araba Evelyn Johnston-Arthur etwa schreibt über eine rassistisch, aggressive Struktur, die sich vermischt mit etwas Herzigem“, sagt sie. „Wir denken an die Kaffeehauskultur, wo wir bestimmte Süßspeisen oder Getränke haben“. Wie viele andere erinnert sich die 1980 Geborene an ihre Kindheit, in der die EAV über das Betrachten von Schwarzen sang – mit dem Zusatz „des wird a Trara“.
Dabei will sich die Künstlerin dezidiert nicht in Debatten rund um die Frage, was man denn jetzt noch sagen dürfe, totlaufen: „Was ich mir naiv wünschen würde – nicht nur für schwarze Menschen, sondern für alle, die irgendwie als anders etikettiert werden – ist, dass Menschen aufhören würden, andere als anders abzutun. Menschen sind da, sie wurden teilweise auch eingeladen zu kommen, erbringen einen großen Teil der gesellschaftlichen Arbeit, und es wäre schön, wenn wir eine Normalität finden könnten.“
Zukunft
Wenngleich sich ihre Arbeit mit Archiven und damit mit der Vergangenheit beschäftige, ziele sie auf das ab, was kommt, erklärt Kazeem-Kamiński: „Ich glaube, dass diese Vergangenheit noch nicht abgeschlossen ist, und dass wir, um eine andere Zukunft zu schaffen, noch genauer analysieren und arbeiten müssen.“
Das eingeübte Vokabular an Verhaltensweisen, Darstellungsweisen lässt sich eben nicht schnell mal verändern, auch wenn die Aufarbeitung manche nervt. „Von erledigt sind wir noch weit weg, da gibt es vieles, mit dem wir uns noch nicht auseinandergesetzt haben“, sagt Kazeem-Kamiński. „Für Österreich müssen wir uns da keine Sorgen machen.“
Kommentare