Wobei nicht das MQ, sondern die Milliardärin Heidi Horten im Visier steht, deren Privatmuseum in Wien bald eröffnen soll. Auch Francesca Habsburg und Mäzene aus Deutschland und den USA kriegen auf Schautafeln ihr Fett ab – wobei man nichts Neues erfährt: Dass Hortens Ehemann einst von Arisierungen profitierte, wurde vielfach berichtet und hat mit Compliance-Vorwürfen gegen Hortens Vertraute Agnes Husslein, die ebenfalls erneut ausgewalzt werden, rein gar nichts zu tun. Auch der Zusammenhang von Francesca Habsburgs Mäzenatentum mit dem Umstand, dass der Thyssen-Konzern Kampf-U-Boote baut, will erst klarer dargelegt werden – künstlerische Freiheit entbindet nicht von Recherche.
Verärgert über derlei selbstgerechte Institutionskritik bleibt leider wenig Aufmerksamkeit für Hoffner-Ex-Prvulovic*s andere Arbeiten, die vielleicht wirklich etwas über ausbeuterische Verhältnisse in ihrer Geburtsstadt und über unbekannte Künstlerinnen des einstigen Jugoslawien zu erzählen hätten.
Also los zur zweiten Ausstellung, die jene Präzision hat, die der ersten fehlt: Belinda Kazeem-Kamiński – kürzlich mit dem „Camera Austria“-Preis für zeitgenössische Fotografie ausgezeichnet – hat den Blick des Westens auf den globalen Süden und speziell jenen von Österreich auf Afrika über Jahre hinweg seziert. Besonders der Bericht, den Peter Altenberg über die „Ashantee“ schrieb, die 1896 im Rahmen einer „Völkerschau“ im Wiener Prater regelrecht „ausgestellt“ waren, dient als Angelpunkt ihrer Arbeit.
Für ein Projekt kratzte die Künstlerin alle Stellen aus Altenbergs Buch, die sie als nicht „informativ“ empfand, heraus – was blieb (es ist eher wenig) wurde als Künstlerbuch publiziert bzw. hängt jetzt an einer Kunsthallen-Wand. Unweit davon sind Original-Filmaufnahmen jener Männer zu sehen, die die aus dem heutigen Ghana stammende Gruppe einst „begrüßten“ – und vom Gaffen gar nicht genug bekommen konnten.
Kazeem-Kamiński gibt den Begafften an anderer Stelle ein Stück Würde zurück – in Form von Zeremonialflaggen stellt sie sich vor, wie die nach Europa exportierten Menschen wohl selbst ihre Erfahrung nach der Heimkehr gefasst hätten. Ein Motiv einer Flagge ist die Erdnuss, die im Wiener Dialekt als „Aschanti“ überlebt hat – ein anderes der Sankofa-Vogel: Er signalisiert, dass man immer an die Vergangenheit erinnern sollte, um die Zukunft aufzubauen.
Bis 6. 2. 2022
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