Wiener Privattheater: "Es geht ums Über- und Weiterleben"

Wiener Privattheater: "Es geht ums Über- und Weiterleben"
Wichtige Spielstätten der Kabarett- und Musikszene brauchen finanzielle Überbrückungshilfe.

Sie raunzen nicht. Sie beschweren sich nicht. Sie sind keine Bittsteller. Aber sie haben Existenzsorgen. Sechs Privattheater-Betreiber in Wien, „verrückte Menschen, die ohne Subventionen auf eigenes Risiko etwas auf die Bühne bringen in der Hoffnung, dass Leute kommen“, sagt Michael Niavarani.

Globe Wien, Simpl, Stadtsaal, Kabarett Niedermair, Kulisse, Orpheum und Casanova sind – als Interessensgemeinschaft „Vereinigte Kabarettbühnen Wien“ – Kulturbetriebe, aber strukturell Wirtschaftsunternehmen. „Und als solche sind wir nicht gerettet worden wie andere“, sagt der Kulturmanager Georg Hoanzl.

„Wir wollen uns auch weiter selber finanzieren. Aber jetzt sind wir in der Situation, dass wir sechs Monate behördlich geschlossen und darüber hinaus mit Publikumseinschränkungen konfrontiert sind. Aber wenn wir weiter die in Corona-Zeiten notwendige Schutzfunktion der Gesellschaft mittragen, sollten wir wie alle anderen Theater weiter bestehen dürfen.“

Lösung für 2020/’21 gesucht

Niavarani erinnert, „dass Vieles, was heute von Shakespeare bis Mozart als Hochkultur bezeichnet und hoch subventioniert wird, privatwirtschaftlich entstanden ist.“ Und will, „dass die Privattheater auch weiter bestehen und wir aus wirtschaftlicher Vernunft nicht zusperren und Leute kündigen müssen.“

Viele Impulse und Ideen kamen auch aus dem kleinen Biotop der satirischen Brutstätten. So hatten die Privattheater vor Corona jährlich 580.000 Besucher bei mehr als 2.200 Vorstellungen. „Wir wollen die Spielstätten erhalten und weiterführen“, sagt Kulisse-Chefin Doris Ringseis. Dringend erforderlich ist nach der langen Schließzeit eine finanzielle Überbrückungshilfe für die Saison 2020/’21 – eine „Art Versicherung“, eventuell eine Ausfallshaftung für Privattheater.

Niavarani will seine „21 Mitarbeiter im Simpl und 50 Leute im Globe nicht vor die Tür setzen“. Das müsste er, weil er „sonst sehenden Auges in Konkurs gehen würde. Wofür man als Geschäftsführer auch verantwortlich ist.“

Zum Vergleich: In der Schweiz gab es innerhalb einer Woche noch im März eine Lösung für alle Theater mit einer Abgeltung von 80 Prozent der Ausfälle bis auf Weiteres. „Und wir haben sechs Monate keine Einnahmen und höhere Ausgaben plus Vorlaufkosten für die nächsten zwei Jahre“, so Hoanzl.

Angst und Unsicherheit

„Die Reduktion der Mehrwertsteuer bringt da nicht viel, wenn wir die Theater durch die Abstandsregeln nur zu maximal 45 Prozent auslasten können“, sagt Martin Reiter vom Casanova. „Das ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.“

„Wir werden im Herbst vielleicht nicht wissen, ob Menschen mit Influenza oder dem Coronavirus infiziert sind, wenn sie husten. Es wird alles noch komplizierter sein als das bisher Erlebte“, sagt „Nia“ und glaubt: „Es sind im Lauf der Geschichte sicher schon mehr Privattheater in Konkurs gegangen als wir im Herbst Publikum haben werden.“

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