Nicht aller guten Dinge sind drei

Trovatore
Verdis "Il Trovatore" enttäuscht bei den Wiener Festwochen vor allem in musikalischer Hinsicht.

Ein Mal geht’s noch, dachte sich wohl Stéphane Lissner, als er Giuseppe VerdisIl Trovatore“ in dieser Besetzung auf den Spielplan der Wiener Festwochen setzte. Nach einem musikalisch sehr mäßigen „Rigoletto“ (2011) und einer musikalisch ebenso mäßigen „Traviata“ (2012), präsentiert der Noch-Musikchef der Festwochen nun eben den „Troubadour“. Und die enttäuschende Linie zieht sich leider durch. Denn ohne tolle Sänger und einen guten Dirigenten geht es nicht.

Aber der Reihe nach: Eines verbindet alle drei genannten Produktionen, nämlich Dirigent Omer Meir Wellber. Und das ist auch schon eines der Hauptprobleme des Unterfangens. Denn Meir Wellber kennt am Pult des an sich ja sehr guten ORF Radio-Symphonieorchesters Wien genau zwei Grundschattierungen: Laut und leise, wobei Kraftmeierei deutlich im Vordergrund steht.

Umtata

Völlig unreflektiert, eindimensional, ohne Klangfarben, ohne Nuancen, ohne jede Italianità exekutiert der Maestro Verdis Partitur, der er ein andauerndes, brachiales Umtata-Fortissimo verordnet. Verdi konturlos und platt – das hat sich der Komponist anlässlich seines 200. Geburtstages nicht verdient.

Auch was die Sänger angeht, sollte das Wiener Publikum besser nicht in Richtung Berlin schielen. Denn genau diese „Trovatore“-Produktion wird ab November in der Staatsoper unter den Linden gezeigt. Dort dirigiert dann Daniel Barenboim, und es singen u. a. Anna Netrebko, Plácido Domingo, Aleksandr Antonenko und Marina Prudenskaya.

Immerhin letztere ist aktuell als Azucena auch an der Wien zu hören und bildet das vokale Zentrum der Aufführung. Denn Prudenskaya verleiht dieser von Rache und Hass zerfressenen Zigeunerin auch vokal jene archaische Wildheit, die zu dieser Figur passt. Ihre Ausbrüche am Rande der Hysterie ziehen meist in den Bann.

Verlorener Posten

Ähnliches gilt – wenngleich in abgeschwächter Form – für Artur Rucinskis wackeren Grafen Luna. Dass der Bariton wie auch all seine Kollegen durch das Dirigat zum permanenten Forcieren genötigt ist, steht auf einem anderen Blatt. Da kann auch Carmen Giannattasio als Leonora noch so sehr um Zwischentöne bemüht sein; auch die Sopranistin steht trotz intensiver Gestaltung auf verlorenem Posten.

Dass Tenor Yonghoon Lee trotz gepresster und gestemmter Höhen (nicht nur in der Stretta „Di quella pira“) kein idealer Manrico ist, wird ebenso deutlich, wie das Talent einer Mara Mastalir (Inez) oder auch jenes eines Gábor Bretz (Ferrando). Gewohnt sicher agiert der Arnold Schoenberg Chor.

Und die Inszenierung? Sie ist das geringste Problem. Denn Regisseur Philipp Stölzl setzt auf einen bunten, bewusst sehr grellen Comic-Strip, zeigt auf der Schrägbühne (Conrad Moritz Reinhardt und Stölzl) Archetypen in teils schrägen Kostümen (Ursula Kudrna) und arbeitet mit starken Bildern und Video-Projektionen.

Stölzl singt in seiner präzisen Umsetzung ein stolzes Loblied auf die Hysterie. Er deutet Verdis wenig plausible Oper nicht, er illustriert sie bloß. Das aber ist legitim.

KURIER-Wertung: ** von *****

Szenenfotos von "Il Trovatore"

Nicht aller guten Dinge sind drei

WIENER FESTWOCHEN: FOTOPROBE "IL TROVATORE"
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Nicht aller guten Dinge sind drei

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Werk: Verdis „Il Trovatore wurde 1853 in Rom uraufgeführt. Es geht um zwei Brüder, die nichts von ihrer Verwandtschaft wissen und Feinde in Polit- wie Liebesdingen sind. Am Ende gibt es einige Tote.

Regie: Philipp Stölzl zeigt einen bunten, in sich stimmigen Comic-Strip.

Gesang: Bestenfalls pures Mittelmaß.

Dirigat: Vor allem ärgerlich.

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