Ein ähnlicher Zündler ist der arglos wirkende Milo Rau. Er wurde nach Wien geholt, um das Festwochenpublikum aufzumischen. Rudolf Scholten, Präsident des Festivals, drückte es so aus: „Es war zu Recht beklagt worden, dass die Festwochen an Brisanz verloren haben. Und es war klar, dass Milo Rau der Richtige ist, um genau für diese Brisanz zu sorgen. Das heißt natürlich, dass die Debatten aufgeregter werden.“ Und diesen Auftrag erfüllt Milo Rau geradezu spielerisch.
Tullius Destructivus gaukelt den Galliern vor, dass nun auch die Römer den Zaubertrank hätten. Die begriffsstutzigen Legionäre behirnen erst mit der Zeit: „Wir tun nur so!“ Auch Milo Rau tut nur so. Die Ausrufung der Freien Republik, die Wiener Prozesse, die Pressekonferenz im Imperial mit Sturmhauben des Widerstands (gefertigt von einer hippen Designermarke): alles nur Show, Theater. Selber schuld, wer das ernst nimmt.
Milo Rau ist tatsächlich jedes Mittel recht, um Aufmerksamkeit zu generieren, Debatten zu entfachen. Ihr Tratschpartner kann sich nicht erinnern, je zuvor derart viele und derart reißerische Presseaussendungen von den Festwochen erhalten zu haben.
Milo Rau kocht gezielt hoch. Er verkaufte Teodor Currentzis und Oksana Lyniv im Package, was die ukrainische Dirigentin, die nichts davon wusste, gehörig auf die Palme brachte. Das Currentzis-Konzert musste abgesagt werden, aber was soll’s: Die mediale Präsenz waren die Kosten allemal wert. Und so ging’s im Vorfeld weiter – mit der Nominierung von Palästina-Sympathisanten in den eh nur virtuellen „Rat“ der Republik (hat sich aber voll ausgezahlt, denn Wolfgang Sobotka fiel schnaubend darauf rein). Und mit der Rede des radikalen Idealisten Omri Boehm, der die jüdische Gemeinde spaltete.
Milo Rau gibt sich aber immerzu unschuldig. Und so war es sicher nur purer Zufall, dass das Programmbuch wie die Werbelinie der Festwochen in den Farben Palästinas gehalten sind: schwarz, weiß, grün und rot. Es gibt auch ein Lila – vielleicht um Trauer zu symbolisieren. Die Festwochen segeln also stolz unter palästinensischer Flagge. Daher bitte immer bedenken: Milo Rau spielt nur. Leider auch mit dem Feuer.
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