Ganz in Weiß gekleidet redet Carolina Bianchi über den Femizid: Sie nimmt ihr Publikum (es gab drei Vorstellungen in der Halle G des Museumsquartiers) mit auf eine „Reise durch die Hölle“. Im Mittelpunkt steht das Schicksal der Künstlerin Pippa Bacca: Am 8. März 2008 brach sie mit einer Freundin, Silvia Moro, zu einer wagemutigen Reise auf. Sie wollten in Brautkleidern von Mailand quer über den Balkan und durch den Nahen Osten nach Jerusalem trampen, um ein Zeichen für den Weltfrieden zu setzen. In der Türkei stieg Silvia Moro aus, weil ihr mulmig war; wenig später wurde Pippa Bacca vergewaltigt und ermordet.
Carolina Bianchi lässt die Performance wiederauferstehen – in Form eines Reenactments: Sie tut so, als würde sie ein Betäubungsmittel zu sich nehmen, und kündigt an, sich ihrem Kollektiv Cara de Cavalo auszuliefern. Sollte der Schlummertrunk nicht wirken, würde sie alle 500 Seiten ihrer Recherchen – auf dem Tisch mit Spitzendeckerl liegt ein monströses Manuskript – vortragen.
Alkoholgeschwängert
Sie referiert über Künstlerinnen, die mit ihrem Körper arbeiten, erwähnt u. a. Marina Abramović und Valie Export. Nach knapp einer Stunde gibt sie vor, die Kontrolle zu verlieren, und legt sich auf den Altar: wie aufgebahrt.
Die Projektionsleinwand wird eingerollt, acht Performerinnen und Performer übernehmen. Sie ähneln den Outlaws aus „Mad Max“. Als wollten sie unterstreichen, dass alles echt ist, schütten sie sich Tequila über die Köpfe: Bis zum Ende der Darbietung (nach zweieinhalb Stunden) riecht es alkoholgeschwängert. Es gibt viele Verweise und deftige Bilder. Doch andauernd wird man an „Extra Life“ von Gisèle Vienne erinnert (war im März im MQ zu sehen): Auch da stand ein Auto mit Fahrgast„zelle“ auf der düsteren Bühne – und es ging sehr beklemmend um Missbrauch.
Die Penetrierung der Braut erinnert an eine Endoskopie: Das Team führt dem Dornröschen eine Mini-Kamera in die Vagina ein. Ein Graffiti verkündet in zynischem Machismo „She got love“. Und dann kriegt Carolina Bianchi, um munter zu werden, ein Pepsi. Bitteres Fazit: Eine Katharsis gibt es nicht.
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