Ausgehend vom legendären, 1905 von Michel Fokine für Anna Pawlowa in St. Petersburg choreografierten Solo „Der sterbende Schwan“ zeigt Nyamza eine stimmige Deutung, gleichsam vom Ballett zum zeitgenössischen Tanz gewandt.
Seit der Uraufführung ist dieses choreografisch höchst artifizielle Solo auch Projektionsfläche für unterschiedliche Interpretationen. Fokine wollte zunächst keine Spitzenschuhe, was 1905 einer Ballettrevolution gleichgekommen wäre. Dies war nicht möglich, doch er fand zu einer tänzerischen Umsetzung für den ganzen Körper Pawlowas. Schon 1905 war Pawlowas Schwan in seinem Kampf gegen das Sterben eine starke, kraftvolle Persönlichkeit, nicht länger eine in einen Schwan verzauberte und fragile Prinzessin wie im älteren „Schwanensee“.
Hundert Jahre nach Pawlowa studierte Nyamza Ballett in Pretoria. Den „Sterbenden Schwan“ nutzt sie zur Entwicklung ihrer eigenen, vom Ballett gelösten Tanzsprache: „Ich komme aus dem Ballett, das mich als Schwarze Tänzerin nicht akzeptiert“, schildert Nyamza ihre langjährige Berufserfahrung.
Auch an den fantasievollen Kostümen war sie beteiligt. Helle Wäscheklammern treten an die Stelle von Federn auf den Röcken und wirken so durch dezentes Klappern am Sound mit. Wie in Zeitlupe bewegen sich die Tänzerinnen und Tänzer im ersten Teil, noch verhalten und räumlich eingeengt. Mit dem Loslösen vom Spitzenschuh und dem Überstülpen roter Mäntel entwickelt sich eine von der Live-Musik getragene, zunehmend mitreißende und rhythmisch akzentuierte Choreografie. Großer Jubel im Volkstheater.
KURIER-Wertung: Viereinhalb Sterne
Kommentare