Festwochen-"Prozess" gegen die FPÖ: Profis spielen Laientheater

WIENER FESTWOCHEN: ERÖFFNUNGSSITZUNG "WIENER PROZESSE (2.WOCHENENDE) ANSCHLÄGE AUF DIE DEMOKRATIE": RIESENHUBER/DIETRICH/HELIGE/SCHMIDT
Wiener Festwochen. Theaterperformance behauptete nun „Prozess“ gegen FPÖ.

Wenn man der Demokratie im Herzen schaden will, dann behauptet man, dass jeder sich ihrer wichtigsten Mechanismen bemächtigen kann. Dass jeder nach eigenem Gutdünken, nach eigenem Empfinden Recht sprechen kann: Das ist eine Behauptung der Staatsverweigerer und die Drohung der schlimmsten Populisten für die Zeit, wenn sie dann einmal an der Macht sind.

Noch weiter außen am Narrensaum herrscht die Meinung, dass die demokratische Rechtsprechung selbst kein Fundament hat, dass sie fremdgesteuert und ein Mittel ist, diejenigen, die die „wahren Hintergründe“ durch „Recherche“ (sprich: Anschauen von YouTube-Videos) erkannt haben, zum Schweigen zu bringen.

Alles in allem: dass sie nur ein Theater ist.

Ein Irrtum

Was für ein eigenartiger Irrtum daher, dass eine via Personal möglichst nah an eine Realitätsbehauptung gebaute Prozessperformance hier eine konstruktive, fürs Debatten- und Staatsgefüge positive Beigabe wäre. Diesem Irrtum sitzt Festwochen-Chef Milo Rau mit dem ihm eigenen Verve auf.

Festwochen-"Prozess" gegen die FPÖ: Profis spielen Laientheater

Bei seinem zweiten „Prozess“ nun nahm er die FPÖ ins Visier, und da predigt man erst einmal zum Chor: Dass die blaue Partei und die Kultur nicht miteinander können, ist bekannt und hat auch gute Gründe.

Ausgerechnet am Wochenende der EU-Wahl lief nun im Odeon also wieder das Theater um „Zeugen“, eine „Richterin“, „Anklage“ und „Verteidigung“ und um ein „Urteil“: Man debattierte, ob der FPÖ die Parteienförderung zu streichen sei.

Im Livestream war da eine knirschende Mischung zu sehen: Profis aus allen Bereichen – Anwälte, eine echte Richterin, Populisten, Historiker, Verschwörungsfanatiker – führen hier ein holpriges Laientheater auf. Dessen Fassade wurde wiederholt brüchig: Manche hielten sich nicht ans von den Festwochen vorgegebene Skript, nannten die „Richterin“ nicht „Richterin“, schworen nicht, die Wahrheit zu sagen.

Diese gespielte Ernsthaftigkeit von Menschen, die das, was sie hier darstellen, sonst tun, ist durchaus unbekömmlich: Man spielte hier mit einigen der heißest brennenden Eisen der Realität, als ob es nichts wäre. Es ging um Radikalisierung, Islamismus, um die FPÖ-Geschichte, natürlich um Migration und man ließ sich von jemandem vorführen, der gerne „Corona-Blödemie“ sagt.

Natürlich rührt man – es ist auf Aufmerksamkeit getrimmt – hier an jenen Punkten, die dieses kleine Land auseinanderzureißen drohen. Und natürlich kommt im uneigentlichen Sprechen einer Performance kein Dialog zustande. Es ist Show, und davon hat die österreichische Politik wirklich schon genug.

Am Sonntagabend, just zur Bekanntgabe der EU-Wahl-Ergebnisse, gab es das „Urteil“ – es war halbherzig. Die FPÖ sei demokratiegefährdend und soll dennoch die Förderung kriegen.

Wie dieses Land je wieder aus der Populismusfalle herausfinden soll? Darüber weiß man um nichts mehr.

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