Seit seiner Kindheit liebt Wes Anderson die Geschichten von Roald Dahl. Bereits 2009 verfilmte er dessen Kinderbuchbestseller „Der fantastische Mr. Fox“ und wurde in der Kategorie bester Animationsfilm für einen Oscar nominiert.
Der schwarze, oft makabere Humor des britischen Weltklasse-Schriftstellers Roald Dahl (1916–1990) ist unverwechselbar und findet in der symmetrischen, hoch artifiziellen Bildsprache von US-Regisseur Wes Anderson seine kongeniale Entsprechung. Rahls unterschwelliger Witz verräumlicht sich in der verhaltenen Komik von Andersons ironischen, aufgeräumten Tableaus – nachzuprüfen auf Netflix: Dort sind derzeit vier umwerfende Kurzfilme von Wes Anderson abrufbar, die auf vier Kurzgeschichten von Dahl beruhen.
„The Wonderful Story of Henry Sugar“ („Ich sehe was, was du nicht siehst“) ist mit 39 Minuten die längste ( alle drei weiteren: 17 Minuten). Ralph Fiennes übernimmt darin die Rolle des Erzählers Roald Dahl und rekapituliert die Geschichte des reichen Henry Sugar, hingebungsvoll gespielt von Benedict Cumberbatch im roten Seidenpyjama.
Durch Zufall stößt Henry auf einen alten Yogi-Trick stößt: Er lernt zu sehen, ohne seine Augen zu verwenden. Damit kann er im Casino Unsummen erschwindeln und den Armen spenden.
Anderson lässt seine Star-Schauspieler – allen voran Ralph Fiennes, Cumberbatch und Ben Kingsley – wie bei einem Theaterstück abwechselnd den Dahl-Text nachsprechen und nachspielen. Dabei blicken sie immer wieder in die Kamera, während im Hintergrund die pastellfarbigen Kulissen verschoben werden, als würde man Buchseiten umblättern.
Ralph Fiennes ist ganz besonders großartig, wenn er in „Der Rattenfänger“ mit irrem Blick und gelben Zähnen von toten Kanalratzen fantasiert.
Die bitterste Geschichte nennt sich „Der Schwan“, die witzigste „Gift“: Benedict Cumberbatch muss schwitzend im Bett liegen und kann sich nicht bewegen. Warum? Eine Giftschlange ist auf seinem Bauch eingenickt – und darf nicht geweckt werden.
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