"Wer Wien prägte": Das Archiv der verlorenen Gesichter

"Wer Wien prägte": Das Archiv der verlorenen Gesichter
Wien nach 1900 im Glanz des Promi-Fotografen Franz Xaver Setzer – ein Zwischenbericht zur Arbeit am visuellen Gedächtnis der Welt der „Wiener Gesellschaft“ der 1920er und 1930er Jahre

„Mit Lili bei Setzer, der sie photografirte“, schrieb Arthur Schnitzler am 23. Mai 1924 in sein Tagebuch.

Wie der Schriftsteller mit seiner 15-jährigen Tochter gingen viele Prominente bei Franz Xaver Setzer (1886–1939) ein und aus: Er war der Fotograf der Prominenten, die immer mit Theater und Oper zu tun hatten, und der Wiener Gesellschaft. Wie auch seine Assistentin und Nachfolgerin Marie Karoline Tschiedel (1899–1980) .

Historisches Atelier

Ins Dachgeschoß des 1911 neu errichteten „Weghuberhauses“ in der Museumstraße 5 hinter dem Volkstheater kamen u. a. Stefan Zweig, Max Reinhardt, Giacomo Puccini, Richard Strauss oder Paula Wessely. Von Maria Jeritza allein gibt es 365 Rollenporträts.

„Sich bei Setzer fotografieren zu lassen, war relativ teuer und luxuriös“, sagt der Fotohistoriker Gerald Piffl.

„Hierher, wo sich seit 1864 ununterbrochen Fotografen-Ateliers befunden haben, kam man, um sich zu inszenieren. Wo es vor allem um den Ausdruck ging. Wobei sich das bürgerliche Publikum gern in Stoffen der Wiener Werkstätte präsentierte.“

Der Namensindex ist bereits über die Webseite abrufbar – die Digitalisierung der Bilder noch in Arbeit. Im APA-picturedesk sind bereits knapp 1.000 Setzer-Fotos gelistet. Im Rahmen des Projektes „Wer Wien prägte – das (jüdische) Großbürgertum im Portrait“ wird jetzt das umfangreiche Fotoarchiv – 24.000 Glasnegative mit Aufnahmen bedeutender Persönlichkeiten von 1911 bis 1979 – „aufgearbeitet, digitalisiert und sukzessive in einer Datenbank öffentlich zugänglich gemacht“, sagt Wolfgang Tschiedel.

Er ist der Eigentümer des „einzigen Tageslichtateliers, das aus den 1920er- und 1930er-Jahren nahezu vollständig erhalten geblieben ist, und das meine Großtante bis 1979 weitergeführt hat.“

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