Was nicht fotografiert wird: Künstlerin Huda Takriti ausgezeichnet

Was nicht fotografiert wird: Künstlerin Huda Takriti ausgezeichnet
Die in Wien lebende Medienkünstlerin erhielt eine der bestdotierten Nachwuchsförderungen in Europa.

Was wäre, wenn es vom 11. September 2001 keine Bilder gäbe? Würden Kriege, Amokläufe, Terroranschläge anders verlaufen, wenn die Kunde davon nicht durch Bildmedien in alle Welt verbreitet würde? Warum ist der Sog der Bilder so groß, wo wir doch alle um ihre Manipulierbarkeit wissen? Das sind Fragen, die die aus Syrien stammende, in Wien lebende Künstlerin Huda Takriti (*1990) mit ihren Arbeiten anstößt. Am Mittwoch wurde die Künstlerin, die den Lehrgang "TransArts" an der Uni für Angewandte Kunst abgeschlossen hat und an der Akademie der bildenden Künste studiert, dafür mit dem "Vordemberge-Gildewart-Stipendium" ausgezeichnet. Mit 60.000 Schweizer Franken - rund 58.000 Euro - ist es eine der höchstdotierten Nachwuchsförderungen in Europa.

Die Geschichte, an die Takriti mit ihrer presigekrönten Arbeit "Refusing to Meet Your Eye" anknüpft, ist auch höchst faszinierend: Es geht um die Entführung des Flugzeugs TWA 840 im Jahr 1969, die von  Leila Khaled und Salim Al-Issawi, zwei Mitgliedern der "Volksfront zur Befreiung Palästinas" durchgeführt worden war - im (irrigen) Glauben, Itzhak Rabin, damals Botschafter Israels in den USA, befände sich an Bord. Die Maschine wurde nach Damaskus umgeleitet und sollte dort - leer - gesprengt werden, ein Fotograf sollte dies im Auftrag der Entführer dokumentieren. Doch er vergaß, den Deckel von der Kamera abzunehmen, und produzierte nur ein schwarzes Bild.

Sehenswerte Gruppenschau

Dies nimmt Takriti als Anlass zu einer filmischen Reflexion über Bild und Beweis, die von Archivmaterial begleitet wird. "Formal höchst präzise verbindet Huda Takriti das gesammelte Recherchematerial zu dem Vorfall mit weiteren Dokumenten aus dem ereignisreichen Jahr 1969 zu einer dichten und äußerst aktuellen Reflexion über die Macht des Bildes und den Prozess der Wahrheitsproduktion" heißt es in der Begründung der Jury, die in einer Ausstellung im mumok unter 20 Nominierten eine Auswahl treffen musste. Die Gruppenschau ist noch bis zum 21. August zu sehen.

Was nicht fotografiert wird: Künstlerin Huda Takriti ausgezeichnet

Die Stiftung Vordemberge-Gildewart - begründet durch den testamentarischen Willen der Witwe des Schweizer Grafikers Friedrich Vordemberge-Gildewart - lässt ihren Nachwuchspreis an Kunstschaffende unter 35 jedes Jahr von anderen Institutionen ausrichten - so soll es möglich sein, bestimmte Regionen und deren künstlerischen Nachwuchs in den Fokus zu rücken. Das mumok als ausführende Institution bat Professorinnen und Professoren der österreichischen Kunstunis um Nominierungen - aus 83 Vorschlägen wurde das Kandidatinnenfeld dann auf 20 Positionen eingeengt. Die Nominierten sollten in Folge selbst entscheiden, mit welchen Werken und Statements sie sich im Ausstellungsraum und einem begleitenden Booklet präsentieren wollen. Die Schau umfasst neben Video- und Medienkunst auch zahlreiche Beiträge aus Skulptur und Malerei, allein die Performancekunst ist eher schwach vertreten.

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