Wie kamen Sie auf die Idee des Opernfestivals?
Das unternehmerische Blut liegt in meiner Familie. Wenn ich eine Marktlücke sehe, möchte ich sie füllen. Wien hat eine reichhaltige Musikszene, aber im Juli und August gibt es keine einzige Opernaufführung. Und Open Air wird ja auch immer beliebter. Das ist jetzt sozusagen mein vierter Beruf: Intendant.
Wie schwierig war es, das Belvedere dafür zu bekommen?
Dafür haben wir lange mit der Burghauptmannschaft verhandelt. Sie haben es dann als Plus für die Tourismuswirtschaft und die heimische Bevölkerung gesehen. Ich bin auch sehr dankbar für die Schirmherrschaft des Bürgermeisters.
Was passiert bei Regen?
Bei leichtem Regen geht es weiter, bei Gewitter machen wir eine Pause. Das Orchester sitzt im Gebäude, die Musik wird live hinaus übertragen, die Sänger sind draußen, aber die sind ja nicht aus Zucker. An die Besucher werden Regenponchos verteilt. Schirme sind natürlich nicht erlaubt.
Was kosten die Karten?
Zwischen 69 und 149 Euro. Darüber hinaus gibt es VIP-Karten mit Champagner-Empfang.
Und was wird das Spezielle sein?
Ich denke, die Zauberflöte ist die meistgespielte Oper, weil die Leute es lieben, diese lustigen Dialoge von Papageno oder die weisen Worte von Sarastro zu verstehen. Ein Drittel von Don Giovanni besteht aus Sprechgesang auf Italienisch mit Cembalobegleitung. Wir ersetzen diese Teile mit deutschen Dialogen. Zwar stirbt Don Giovanni zum Schluss, weil er für seine Untaten bestraft wird, aber die Konversationen sind eine reine Komödie – speziell die Dialoge zwischen Don Giovanni und seinem Diener Leporello. Das ist sooo lustig!
Ihr Urgroßvater hat den Elektronikkonzern Seiko mit Hauptsitz Tokyo gegründet, der u. a. mechanische Uhren in höchster Qualität erzeugt. Sie wuchsen in Europa auf. Gibt es Kontakt zur Ur-Familie?
Nicht viel. Ich bin stolz auf meinen Urgroßvater. Er hatte 14 Kinder, das Vermögen hat sich daher aufgeteilt. Ich habe einen sehr kleinen Anteil geerbt. Irgendwann einmal habe ich versucht, mich ein bisschen in die Firma einzubringen, weil ich denke, mehr über den europäischen Markt zu wissen, als meine Verwandten, aber die waren nicht interessiert.
2015 haben Sie in der Wiener City mit Shiki ein japanisches Sternerestaurant gegründet. Spitzengastronomie bedeutet aber oft Höchstleistung und nicht den größten wirtschaftlichen Erfolg.
Stimmt, es ist ganz leicht, in der Spitzengastronomie Geld zu verlieren. Das trifft übrigens auch auf die Kultur zu. Wir haben das Shiki zweigeteilt: Vorne ist eine Brasserie, wo man auch nur Kleinigkeiten essen kann. Damit geht sich das schon aus.
In der Pandemie haben Sie den Michelin-Stern verloren.
Ja, aber wir haben jetzt gerade die vierte Haube von Gault Millau dazugewonnen. Wir sind in den meisten Guides unter den zehn besten Restaurants in Wien.
Wie unterscheidet sich japanisches Essen in Wien von japanischem Essen in Tokyo?
Das könnte theoretisch gleich sein, aber ich habe japanisches Essen mit österreichischer Servicekultur verbunden. Auch Tischtücher gibt es in Japan nicht. Übrigens sind meine Küchenchefs Österreicher. In der österreichischen Spitzengastronomie müssen die verschiedenen Hauptgerichte für alle gleichzeitig kommen, sonst wird gewartet. In Japan essen entweder alle dasselbe Menü oder man teilt alles.
Japan ist „in“, freut Sie das?
„Japonismus“ war ja schon zur Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert sehr populär. Vielleicht kommt das wieder zurück, das würde mich schon freuen.
Sie haben, damit man bei Ihnen professionell japanisch kochen lernen kann, einen Spitzenkoch aus Japan geholt. War es schwierig?
Weil er über 50 und natürlich ohne Uniabschluss ist, war es schwierig, die Arbeitsgenehmigung für Schlüsselkräfte aus dem Nicht-EU-Ausland zu bekommen. Aber mit viel Good Will aller Beteiligten haben wir es geschafft. Die Shiki Academy wird die erste japanische Kochschule für Profis in Europa.
Sie sprechen mit österreichischem Akzent, wurden aber oft darauf angesprochen, woher sie kommen und haben Ihre Identitätskrise sogar therapeutisch bewältigt. Haben Sie mittlerweile Frieden mit Ihrer Identität geschlossen?
Ja absolut. Erst danach konnte ich auch heiraten. Ich bin zur Hälfte japanisch, zur Hälfte europäisch. Die japanische Seite konnte ich beim Mozart-Dirigieren nie zum Vorteil verwenden, aber umso mehr im Restaurantprojekt. Dieser Ausgleich hat mich glücklich gemacht.
Sie hatten Kontakt mit der japanischen Kaiserfamilie. Wie war das?
Die ehemalige Kaiserin – Mutter des jetzigen Kaisers – kommt aus bürgerlichem Haus und ist eine exzellente Amateur-Pianistin. Sie hat, um Kammermusik zu spielen, gerne Musiker in den Palast eingeladen – auch mich, damals Ende zwanzig, und in Europa lebend. Ich habe versucht, ganz normal mit ihr zu reden. Diese Lockerheit hat ihr wohl gefallen. Daher wurde ich bei jeder meiner japanischen Konzerttourneen eingeladen. Weil aber die ganze Nation darüber munkelte, wann ihre Tochter, die Schwester des jetzigen Kaisers, endlich heiraten würde, entstand das Gerücht, dass man mich mit ihr verkuppeln wolle. Die japanischen Paparazzi folgten mir bis nach London. Da war die Hölle los, während der eigentliche Boyfriend gut abgeschirmt wurde. Nach der Verlobungsankündigung mussten die Journalisten viel Material über mich wegschmeißen. (lacht)
Was nervt Sie in Wien und Tokyo, was finden Sie da wie dort toll?
In Japan finde ich die Höflichkeit toll und dass sich die Menschen für das, was sie tun, überdurchschnittlich verantwortlich fühlen. Auf die Nerven geht mir, dass ganz wenige junge Leute eine eigene Meinung haben. In Österreich gefällt mir, dass Freundschaften lange halten. Die Wiener sind treu und sagen, was sie denken. Aber für Neuankömmlinge ist es schwierig. Die Wiener sind nicht höflich. Wenn man auf einer Party niemanden kennt, wird man ignoriert. Das passiert selbst Leuten aus einem anderen Bundesland. Man muss sich durchkämpfen. Jetzt bin ich sehr gut integriert und liebe die Stadt.
Kommentare