Vor Österreichischem Filmpreis: Debatten und „intensive Abwägung“ wegen „Corsage“

Vor Österreichischem Filmpreis: Debatten und „intensive Abwägung“ wegen „Corsage“
Der achtfach nominierte Film mit Florian Teichtmeister war Favorit.

Kann man einen Film mit einem Hauptdarsteller, der gestanden hat, 58.000 Aufnahmen vom Missbrauch Minderjähriger zu besitzen, für einen Preis nominieren und diesen Film dann auch auszeichnen?

Diese Frage musste die österreichische Filmbranche am Donnerstagabend für sich beantworten. Denn „Corsage“ von Marie Kreutzer ging mit acht Nominierungen als  Favorit in die Verleihung des Österreichischen Filmpreises.

Der Film wurde nach dem Bekanntwerden der Anschuldigungen gegen Teichtmeister aus den Kinos genommen, der ORF gab bekannt, keine Produktionen mit dem Darsteller mehr zu zeigen.

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Der Prozess gegen Teichtmeister steht noch bevor.

Dass „Corsage“ beim Filmpreis so oft nominiert war, sorgte für Debatten. Vor einem Jahr startete anlässlich der Filmpremiere und des Filmpreises – wenn auch in anderem Zusammenhang – eine #MeToo-Bewegung in der heimischen Branche.

Im Vorfeld der diesjährigen Verleihung gab es Kritik daran, dass diese Aufarbeitung bis jetzt (zu) wenig gefruchtet habe.

Regisseurin Kreutzer hat an „Corsage“ festgehalten und argumentiert, dass die Taten eines Mannes nicht die Arbeit so vieler Menschen – der Film ist stark weiblich geprägt – entwerten solle.

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Die Veranstalter haben vor der Verleihung bekanntgegeben, „nach intensiver Abwägung“ die Öffentlichkeit dazu nützen zu wollen, „das Thema Gewalt (nicht nur) an Kindern noch stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu bringen“.

Denn Florian Teichtmeister sei „zwar ein prominenter, aber leider bei weitem kein einzelner Fall. Die Statistiken, die aufgrund der aktuellen Debatte in den letzten Wochen ans Licht kamen, sind für uns eine ultimative Aufforderung zu handeln. Diesem Thema müssen wir uns sowohl als Kulturbranche als auch als Gesellschaft stellen.“

(Hier gibt es das ganze Statement auf der Webseite des Österreichischen Filmpreises)

So wurde abgestimmt

Wer die Österreichischen Filmpreise erhält, das bestimmen die 600 Mitglieder der Akademie des Österreichischen Filmes. „Corsage“ war acht Mal nominiert, darunter in den wichtigsten Kategorien Bester Film, Beste Regie und Bestes Drehbuch.

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