Vor dem Fußball kommt noch die ungarische Puszta dran

"Gräfin Mariza": Carsten Süss, Helga Papouschek und Robert Meyer
Thomas Enzinger inszeniert Kálmáns Operette "Gräfin Mariza" an der Wiener Volksoper.

Mit "Wiener Blut" von Johann Strauß hat er dem Haus am Gürtel 2011 einen sensationellen Erfolg beschert. Nun ist Thomas Enzinger wieder an der Volksoper, als Regisseur von Emmerich Kálmáns Operetten-Klassiker "Gräfin Mariza", den Enzinger bereits zum dritten Mal in Szene setzt. Und zwar so, dass "das Publikum hoffentlich auf seine Rechnung kommt".

Was aber reizt den auch im Theater und Musical erfahrenen Regisseur an "Gräfin Mariza"? "Erstens hat Kálmán eine großartige Musik geschrieben. Und zweitens ist die Handlung rund um den verarmten Graf Tassilo, der die reiche Gräfin Mariza liebt, ja durchaus aktuell. Klassenunterschiede gibt es heute ja auch noch,in sozialer Hinsicht sogar immer mehr."

Kein Holzhammer

Vor dem Fußball kommt noch die ungarische Puszta dran
Thomas Enzinger
Enzinger weiter: "Kálmán hat diese Operette vor einem realen Hintergrund geschrieben, in den 20er-Jahren, zur Zeit der großen Wirtschaftskrise. Diese Adeligen, die nur noch ihren Titel hatten und sich – hier als Verwalter – verdingen mussten, gab es wirklich." Also wird es auch Sozialkritik in der Inszenierung geben? "Sicherlich nicht mit dem Holzhammer. Das finde ich nicht angebracht. Operette hat eine Unterhaltungsfunktion, und man sollte sie nicht gegen das Publikum inszenieren. Das geht in den meisten Fällen schief. Das Problem sind ja nicht Regisseure wie Peter Konwitschny, die neue Zugänge aus der Musik heraus entwickeln. Das Problem sind ja die zahllosen, ideenlosen Epigonen. Ich denke, Operette sollte man groß, auch revuehaft inszenieren. Die soziale Komponente darf mitspielen, aber nicht Selbstzweck sein."

Ziemlich lebendig

Und wie sieht Enzinger das oft totgesagte Genre an sich? Lachend: "Die Operette wurde schon zur Zeit Kálmáns totgesagt. Dafür ist sie ziemlich lebendig. Wenn man sie gut präsentiert, kann man damit auch junges Publikum erreichen. Operette und Musical sind nicht soweit von einander entfernt." Nachsatz: "Nur dass Operette schwerer umzusetzen ist. Denn in der Operette braucht man Interpreten, die singen, spielen, sprechen und tanzen können. Mit anderen Worten ein erstklassiges Ensemble. Ich bin froh, dass wir ein solches an der Volksoper haben."

Hat sich Enzingers Zugang zur "Gräfin Mariza" im Laufe der Jahre verändert? "Ganz sicher. Ich sehe viele Figuren jetzt viel schärfer und klarer als noch bei meinen früheren Arbeiten. Man entdeckt immer mehr Details. Aber nach dieser Produktion hat ,Mariza‘ bei mir wieder eine längere Pause verdient."

An der Oper Dortmund wird Enzinger als Nächstes arbeiten. "Ich werde Paul Abrahams ,Roxy und ihr Wunderteam‘ machen, die erste Fußballoperette überhaupt. Eines Tages würde ich gern wieder einen Rossini oder eine deutsche Spieloper machen. Vielleicht ergibt sich etwas."www.volksoper.at

Werk
Emmerich Kálmáns "Gräfin Mariza" wurde 1924 uraufgeführt.

Produktion
Regie: Thomas Enzinger. Bühne und Kostüme: Toto. Dirigent: Alexander Rumpf. Mit Carsten Süss, Astrid Kessler, Anita Götz, Boris Eder, Robert Meyer. Toni Slama, Nicolaus Hagg, Helga Papouschek, Michael Gempart, Adrineh Simonian. Ab 22. März.

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