Von "kleiner Stimme" kann gar keine Rede sein

Schrill gegen still: Sona MacDonald als Mari Hoff und Eva Mayer als deren Tochter, genannt „Little Voice“
Kritik: "Aufstieg und Fall von Little Voice" in den Wiener Kammerspielen

Man nehme ein solide gebautes Stück mit viel Musik, dazu Schauspieler, die auch wirklich singen können und mache aus dem Ganzen – ja, was denn eigentlich? Diese Frage drängt sich nach der österreichischen Erstaufführung von Jim Cartwrights "Aufstieg und Fall von Little Voice" in den Wiener Kammerspielen auf. Denn Regisseur Folke Braband wollte viel, zu viel.

Worum geht es? Die alternde Arbeiterin Mari Hoff lebt nach dem Tod ihres Mannes mit ihrer Tochter in einer heruntergekommenen Wohnung; Männer und Alkohol sind ihr einziger Zeitvertreib. Die Tochter befindet sich in innerer Emigration, spricht nichts, singt dafür aber berühmte Songs perfekt nach. Der windige Künstleragent Ray Say wittert seine Chance, durch das Mädchen ans große Geld zu kommen – der Beginn einer (kurzen) Karriere.

Erstaunlich, dass der an sich stilsichere Braband sich in Stephan Dietrichs Wohn-Bühnenbild szenisch derart verliert. Unentschlossen pendelt seine Inszenierung zwischen greller Revue, aufgesetzter Sozialkritik, Brachial-Humor, Loser-Studien, Love-Story und Gesangseinlagen hin und her. Die Schauspieler sind oft zur Outrage genötigt.

Die immer wunderbare Sona MacDonald etwa als notgeile, versoffene Schlampe von einer Mutter, der ausschließlich auf schmierig getrimmte Michael von Au als Ray Say oder Susanna Wiegand als debile Freundin. Heribert Sasse und Matthias Franz Stein entledigen sich ihrer Aufgaben mit Anstand. Ein Ereignis aber gibt es: Die hoch begabte Eva Mayer als Little Voice. Wenn sie Oldies singt, geht sprichwörtlich die Sonne auf.

KURIER-Wertung:

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