Vienna Club Commission wird neu ausgerichtet
Seit über einem Jahr ist es dunkel in den Wiener Clubs. Daran werden auch die für 19. Mai geplanten Öffnungsschritte nichts ändern, denn Orte, an denen Menschen Schulter an Schulter feiern und tanzen, werden wohl noch länger geschossen bleiben. Trotzdem arbeitet die neue Stadtregierung (SPÖ/Neos) bereits eifrig an der Umgestaltung bzw. Neuausrichtung des 2020 von SPÖ und Grüne beschlossenen Pilotprojekts Vienna Club Commission, einer Schnittstelle zwischen Veranstaltern und Behörden, zwischen Anrainern und Clubbetreibern.
Bis das aber alles auf neue Beine gestellt werden kann, wurde heute, Dienstag, im Wiener Kulturausschuss erst einmal die Verlängerung der seit Jänner 2020 aktiven Schnittstelle beschlossen. Die aktuell von Mica, einem Verein, der Musikschaffende in Österreich unterstützt, betriebene Anlaufstelle soll damit bis Herbst 2021 die von Covid-19 schwer betroffene Clubkultur „weiterhin unterstützen und beraten“, wie es im Beschluss heißt. Seitens der Stadt Wien wird dafür ein zusätzlicher Betrag von 90.000 Euro zur Verfügung gestellt.
Was in Zukunft „besser“ oder zumindest anders werden soll, hat Markus Ornig, Wirtschafts- und Mediensprecher von Neos Wien und Initiator der Initiative "Nachtbürgermeister", dem KURIER gesagt. Im Interview spricht er über die aktuellen Herausforderungen und wagt noch einen Ausblick über die Zukunft auf dem Dancefloor.
KURIER: Die Neos sind nun Teil der Stadtregierung und können aktiv mitgestalten – auch was die Clubkultur betrifft. Sie haben sich seit Jahren intensiv mit dem Thema Nachtwirtschaft beschäftigt, haben einen „Nachtbürgermeister“ gefordert. Was soll sich nun mit den Neos ändern?
Markus Ornig: Einiges. Wir bleiben dem Thema treu und haben im Regierungsübereinkommen die fixe Verankerung einer neu aufgestellten Vienna Club Commission als unabhängige Servicestelle beschlossen. Die wird schon sehr bald ausgeschrieben, denn Corona fordert die Wiener Clubszene sehr und da braucht es bestmöglichen und raschen Support.
Wie beurteilen Sie die Arbeit der Vienna Club Commission, die unter Rot-Grün gegründet wurde?
Ich bin mit der Arbeit des Pilotprojekts zufrieden. Es gibt bei dem Thema jetzt viel mehr Evidenz, auf die man aufbauen kann, und nicht zuletzt war das Pilotprojekt eine wichtige Anlaufstelle für die Szene, wenn es um die Bewältigung der Corona Krise geht. Das war eigentlich so nicht geplant, aber das Team hat hier sehr schnell von Forschung auf Beratung umgestellt. Deshalb haben wir am Dienstag im Kulturausschuss auch eine Verlängerung bis in den Herbst beschlossen, damit es eine reibungslose Übergabe für die Vienna Club Commission neu gibt und die Clubs und Veranstalter in dieser schwierigen Zeit weiterhin das Service in Anspruch nehmen können.
Hat es der Club Commission an Gewicht, an politischer Power gefehlt?
Ich war da am Anfang des Pilotprojekts ein wenig ungeduldig, weil die Erwartungshaltung sehr groß war. Aber es ist sehr viel passiert. Das Wichtigste war bestimmt die Clubförderung, die ja in enger Abstimmung mit dem Pilotprojekt entwickelt wurde.
Wie geht es mit der Vienna Club Commission weiter, was ist der Plan?
Wir arbeiten auf Hochtouren an der Ausschreibung für die neue Vienna Club Commission und hoffen, bis Oktober ein neues Team gefunden zu haben.
Was funktioniert nicht, was muss man ändern?
Ich denke die neue Stelle muss ein wenig ressortübergreifender agieren können. Ich habe nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass es beim großen Thema Nachtwirtschaft um mehr geht als um Kultur. Eine Weiterentwicklung der Clubkultur hat Auswirkungen auf Wirtschaft, Tourismus und überhaupt das Miteinander im Nachtleben.
Wie wird die Vienna Club Commission in den kommenden Jahren ausgerichtet sein?
Daran arbeitet eine großartige Arbeitsgruppe gerade auf Hochtouren. Ein unabhängiges Erfolgsmodell, an dem man sich orientieren könnte, wäre zum Beispiel die Vienna Film Commission. Die machen einen super Job. Da möchte ich mit der Club Commission auch hinkommen, aber das entscheide ich nicht alleine.
Jetzt sind Clubs seit über einem Jahr geschlossen. Wie beurteilen Sie die Situation?
Extrem frustrierend. Es fehlt noch immer an Perspektiven, und alle versuchen mit den bestehenden Förderungen über die Runden zu kommen. Ich hoffe, der neue Gesundheitsminister zeigt dazu mehr Mut. Bei einem Pilotprojekt in Liverpool war ja eine Clubnacht ohne Maske und Mindestabstand schon möglich. Wir brauchen auch in Österreich solche Pilotprojekte, um aus den Erkenntnissen evidenzbasierte Lösungen zu erarbeiten, um sicher aufsperren zu können.
Corona könnte das Aus für viele Wiener Clubs bedeuten. Wie sehen Sie die Lage?
Angespannt, aber nicht ganz hoffnungslos. Entscheidend ist, unter welchen Rahmenbedingungen wieder aufgesperrt werden kann. An Gästen wird es nicht fehlen (lacht).
Sollte man Musikclubs nicht auch in die Stadtplanung miteinbeziehen, Flächen dafür zur Verfügung stellen und im Bebauungsplan darauf Rücksicht nehmen? Im Stadtentwickliungsplan wird darauf ja keine Rücksicht genommen.
Ja, im Idealfall schon. Das Pilotprojekt hat dazu ja super Lösungsvorschläge erarbeitet.
(Illegale) Raves auf der Donauinsel, im Prater werden auch diesen Sommer wieder Thema sein. Sollte man da nicht vorbeugend den Jugendlichen Plätze zur Verfügung stellen? Welche Lösungen streben Sie an?
Wir setzen hier in erster Linie auf Aufklärung statt Strafen. Unser Stadtrat Christoph Wiederkehr, der auch für das Thema Jugend zuständig ist, hat da einiges in Bewegung gesetzt – zum Beispiel ist die mobile Jugendarbeit jetzt verstärkt am Donaukanal unterwegs, um auf geltende Regeln aufmerksam zu machen und zu informieren, bevor die Polizei Anzeigen aussprechen muss. Wir haben noch weitere Pläne in dem Bereich – müssen aber abwarten, wie die Situation sich entwickelt.
Das Wiener Veranstaltungsgesetz 2020 wurde noch ohne Neos verabschiedet. Was gehört eigentlich sofort wieder geändert? Oder was ist da von der Neos-Seite geplant?
Das Veranstaltungsgesetz 2020 wurde ja auch in Abstimmung mit dem Pilotprojekt entwickelt. Ich sehe im Moment keinen Bedarf einer Überarbeitung. Vor allem weil es ja leider seit dem Beschluss keine Veranstaltungen mehr gab. Wenn wir Verbesserungsbedarf sehen, dann werden wir das bestimmt diskutieren.
Wird man 2021 in einem Club feiern gehen können? Wenn ja, unter welchen Rahmenbedingungen?
Ich hoffe schon. Eine Wiederholung des Vorjahres ist keine Option, aber wie gesagt, da braucht es Mut vom neuen Gesundheitsminister. Ich glaube, Konzepte liegen bereit. Der größte Hebel sind aber die Impfungen - und testen, testen, testen. Dann sollte das mit der Öffnung der Musikclubs bald klappen.
Betreiber von Clubs und Bars sind auffällig ruhig. Wurden die mit viel Geld ruhig gestellt?
Ich denke, es ist sehr unterschiedlich. Bei manchen greifen die Hilfen gut und bei machen gar nicht.
Sie haben in einem KURIER-Interview zum Thema einmal gesagt: "Die Nachtwirtschaft hat keine Lobby, keine starke Stimme, die auch gehört wird. Jeder kämpft für sich selbst und da wird man leicht von der Stadtpolitik vergessen". Jetzt sind Sie Teil der Stadtregierung. Was wird diesbezüglich also alles geändert?
Wer hätte noch vor einem Jahr gedacht, dass das Thema Nachtwirtschaft und Clubkultur einen prominenten Part in einem Regierungsübereinkommen bekommt. Darauf bin ich schon sehr stolz. Unser Koalitionspartner und wir geben diesen Themen Priorität und das ist ein wichtiges Signal.
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