Vergessen: Joe Lederer und ihre Romane über gebrochene Herzen

Vergessen: Joe Lederer und ihre Romane über gebrochene Herzen
Der Milena Verlag macht mit der jüdischen Schriftstellerin aus Wien bekannt, die mit der Französin Colette verglichen wurde.

Was ist das für ein schlechter Zauber, die Liebe?
Zuerst ist die Frau in den Augen des Mannes eine Elfe ... und dann wird sie  zur  eisernen Kette, die er raschablegen will.
Joe (Josephine) Lederer hat so empfunden. Mehrmals war sie in einen älteren Mann verliebt, nie klappte es. Auch beim Filmstar Hans Albers nicht.
„Bring mich heim“ hat sie ihm gewidmet. Es ist keine Abrechnung. Es ist nicht die Geschichte der beiden. In diesem Roman ist die Liebe zumberühmtensten deutschen Schauspielers dieser Zeit bloß die Notlösung. Ähnlichkeit zu Hans Albers besteht vielleicht darin: Privat ist er langweilig, einfach gestrickt – und angenehm im Vergleich zum „Hoppla, jetzt komm ich“-Helden.
1935 erschien das Buch erstmals. 1938 wurde Joe Lederers gesamtes  literarisches Werk  von den Nationalsozialisten verboten.

Wunderkind

Joe Lederer (1907 – 1987, Foto oben):
Vergessen wie so viele jüdische Wiener Schriftstellerinnen.
Als Sekretärin von Hugo Bettauer, dem Autor der „Stadt ohne Juden“, hatte sie in den 1920ern selbst zu schreiben begonnen. Als „Wunderkind“ galt sie nach ihrem ersten Roman „Das Mädchen George“.
Nachdem ein nationalsozialistischer Zahntechniker Bettauer erschossen hatte, begann ihre Zeit im Exil. Schanghai und England. Kinder- und Stubenmädchen.
Dem Wiener Milena Verlag (und der Literaturwissenschaftlerin Evelyne Polt-Heinzl, die das Nachwort beisteuerte) ist es zu danken, Joe Lederer jetzt ein bisschen kennenlernen zu dürfen.
Einst bekam sie den Ehrentitel „die deutsche Colette“, und Colette war „das menschlichste Herz der modernen französischen Literatur“ (Proust Marcel) ... und Proust gilt – genug!
„Bring mich heim“ ist nicht nur Unterhaltung, es sind Menschenbilder; und Joe Lederers Stil ist überhaupt nicht staubig. Man sieht den Film laufen, der ausgelassen  in Florenz seinen Anfang nimmt.
Wo ist „heim“? Der Filmstar ist es nicht, aber die Frau kann immerhin ihren Kopf an seiner Brust betten und dem Regen zuhören.
In der Begräbnisrede hieß es: Joe Lederer sei überzeugt gewesen, dass es Menschen gibt, die am gebrochenen Herzen sterben.


Joe Lederer:
„Bring
mich heim“
Nachwort von
Evelyne Polt-Heinzl.
Milena Verlag.
180 Seiten.
22 Euro.

KURIER-Wertung: ****

Kommentare