Es ist eine eher klassische Frage: Was sie an der Rolle der Rebecca in „Wild Republic“, so gereizt habe?
Schauspielerin Verena Altenberger macht daraus aber mit Leichtigkeit eine umwerfende Antwort: „Wenn ich das jetzt einfach drauflos beantworten würde, würde ich so hart spoilern“, meint sie, mit einem Lachen.
Versuchen wir also, die Handlung der Drama-Adventure–Serie zu erklären, ohne zu viel verraten: Rebecca ist Sozialpädagogin und leitet Outdoor-Trips, in denen straffällig gewordene Jugendliche durch ihre Teilnahme rascher einer Resozialisierung zugeführt werden sollen.
Das Sozialexperiment in der wilden Bergwelt Südtirols – Rebeccas Lebenspartner hat es konzipiert – nimmt durch eine Gewalttat im Camp einen dramatischen Verlauf. Die Jugendlichen glauben, nun pauschal verdächtigt zu werden und ergreifen die Flucht. Als Sicherheit behalten sie Rebecca – die im Geheimen schwanger ist – bei sich und verschleppen sie.
„Ich liebe Rollen, die sich erst langsam entblättern und langsam zeigen, wer sie sind, warum sie Dinge tun, die sie tun. Und da ist Rebecca wirklich ein Paradebeispiel dafür“, sagt Altenberger. „Und dann hatte ich auch einfach große Lust an der Extremsituation des Drehs. Also immer, wenn man mir sagt: ’Es wird schwierig, hart und anstrengend’, dann ist die Chance sehr hoch, dass ich zusage.“
Machtkämpfe
Jede der acht Folgen widmet sich in Rückblenden einer Hauptfigur und erzählt, wie die Jugendlichen unterschiedlichster sozialer Herkunft auf die schiefe Bahn gerieten. Die Haupthandlung in der rauen Natur wird parallel dazu vorangetrieben. Es stellt sich die Frage: Bedeutet die Flucht einen Rückfall in alte Muster oder bietet sich eine Chance, Gemeinsinn zu entwickeln? Ähnlich wie im Klassiker „Herr der Fliegen“ organisieren sich die (in einer Höhle) abgeschotteten Jugendlichen in einer Art „wilden Republik“ – mit entsprechenden Machtkämpfen. Zugleich steht das idealistische Sozialprojekt auf der Kippe.
Altenberger bezeichnet sich als „eine große Freundin von Idealismus“ und sagt: „Ich denke, dass Realpolitik natürlich Realpolitik sein muss, sonst geht halt nichts weiter. Aber wenn Realpolitiker*innen nicht auch Idealist*innen sind, dann werden sie zu Verwalter*innen eines gegenwärtigen Systems, das vielleicht nicht immer das Allerbeste ist.“
„Wild Republic“ war bereits im Vorjahr beim deutschen Streamer MagentaTV zu sehen. Nun erlebt die Serie ihre Free-TV-Premiere bei Arte (Donnerstag, 22.05 Uhr), ORF1 (Montag, 30. Mai, und Donnerstag, 2. Juni, je vier Folgen ab 20.15 Uhr) und ARD (3. Juni, 22.15 Uhr). Gedreht wurde bereits im Frühjahr 2020, in der Zeit des ersten Corona-Lockdowns im Südtiroler Pustertal.
Höhlenschauspiel
Bei ihrem aktuellen Projekt „Riesending“ (für ServusTV, ARD und SRF) ist Altenberger erneut Naturgewalten ausgesetzt. Die zweiteilige Verfilmung der spektakulären Rettungsaktion von 2014 in der Riesendinghöhle am Untersberg wird gerade in Kroatien, Bayern und Salzburg gedreht. „Ich bin auf jeden Fall jetzt Europas erfahrenste Höhlenschauspielerin. Ich habe da eine Marktlücke entdeckt“, scherzt Altenberger.
Von den Bedingungen her sei es „irre“ gewesen. „Aber ich liebe es“, meint sie. „Es sind immer extreme Umstände, die auch körperlich wahnsinnig viel abverlangen.“ Gerade beim „Riesending“-Dreh habe das Team „ganz viel mit Enge zu tun.“ Im Gegensatz zu „Wild Republic“, wo man auch im Studio drehte, war bei „Riesending“ nichts nachgebaut. „Wir sind einfach on location in echten Höhlen, die teilweise noch nicht mal erschlossen sind.“
Ziemlich cool
Solche Drehs bedeuten für die 34-jährige Salzburgerin, „wirklich mit allen Sinnen da sein zu müssen. Für mich hat Filmschauspiel immer damit zu tun, einen irre hohen Konzentrationszustand herzustellen. Gerade vor der Kamera muss man wirklich denken und fühlen, was man gerade sagt. Weil die Kamera sieht, was ich denke. Die Höhle zwingt einen auf eine ganz neue Art, weil da muss ich bei jedem Schritt aufpassen. Und wenn ich in der Wand hänge auf 30 Meter, kann ich nicht unkonzentriert sein. Das ist eigentlich ziemlich cool.“
Weniger cool war im Vorjahr die mediale Debatte über Altenbergers Kurzhaarschnitt bei ihrem Debüt als Buhlschaft im Salzburger „Jedermann“. Die für die traditionsreiche Rolle ungewönhliche Frisur rührte von den Dreharbeiten zum Kinofilm „Unter der Haut der Stadt“ her.
Auch heuer werde sie ihren Haarschnitt (derzeit blondiert und mittellang) nicht mit Perücken verbergen. Altenberger: „Ich habe ganz andere Haare als letztes Jahr. Eine Perücke macht sowieso keinen Sinn, weil ich jetzt ja schon wieder längere Haare habe. Und wieder abrasieren fänd’ ich auch langweilig. Das hatten wir ja letztes Jahr schon.“ Sie lacht.
Anders abbiegen
Dank gleichbleibendem Ensemble wird es an Michael Sturmingers Inszenierung heuer keine substanziellen Änderungen geben. Auch Altenberger hat sich „nicht vorgenommen, etwas anders zu machen. Aber man steigt beim Spielen ja wie im echten Leben niemals in den selben Fluss. Ich werde meine Sinne offen halten und dann schauen, ob wir vielleicht an manchen Stellen etwas anders abbiegen als letztes Jahr.“
Die Altenberger-Festspiele gehen im Sommer jedenfalls auch im Kino weiter, wenn im August „Märzengrund“ startet, die vierte Zusammenarbeit mit Regisseur Adrian Goiginger, mit dem sie „unendlich gern“ arbeite. Sie spiele die „unkonventionelle Frau aus dem Bergdorf mit der großen Sehnsucht – da konnte ich schon ganz spezielle Stellen tief in meiner eigenen Seele anzapfen.“
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