Venedig: Mit "Faust" und Killer in den Kampf

Venedig: Mit "Faust" und Killer in den Kampf
Mit einer blutigen Komödie von William Friedkin und einer grünstichigen Faust-Adaption nähert sich Venedig dem Finale.

Das Festival von Venedig neigt sich dem Ende zu. Die Zuschauerschlangen vor den Kinos beginnen sich zu lichten. Die Pressekonferenzen dünnen aus. In Toronto hat ein wichtiges Filmfestival begonnen - und ein Teil der Venedig-Besucher ist bereits Richtung Kanada weiter gezogen.

Unter den übriggebliebenen Anwesenden herrscht lustiges Rätselraten: welcher der Wettbewerbsfilme hat für die Jury unter dem Vorsitz von Darren Aronofsky wohl die größten Chancen auf den Goldenen Löwen?

Der jüngste US-Beitrag "Killer Joe" von Alt-Regisseur William Friedkin hoffentlich nicht. Zwar ist Friedkin der Welt mit Meisterwerken wie "The French Connection" oder "Der Exorzist" bekannt, doch zu seiner Adaptierung des Theaterstückes "Killer Joe" kann man ihm nicht gratulieren. Zu sehr bleibt Friedkin im grotesk Theaterhaften seiner Vorlage, die auf einem Bühnenstück beruht, stecken.

Dabei wären die Voraussetzungen gut gewesen. Ausgerechnet der propere Matthew McConaughey, im Mainstream-Kino auf die Rolle des romantischen Liebhabers abonniert, spielt bei Friedkin "Killer Joe": Charismatisch, gut aussehend, schweigsam und - durch und durch pervers.

Eine texanische Unterschichtsfamilie heuert ihn für einen Auftragsmord an, um an Versicherungsgelder herankommen. Killer Joe legt ruckzuck die gewünschte Person um und wartet dann auf seine Bezahlung. Als die nicht kommt, wird's richtig dreckig: Der Auftragskiller mit den guten Manieren gibt zuerst den Gentleman, ehe er den Menschen unvermutet das Gesicht zertrümmert. Besonders Gina Gershon als White-Trash-Kellnerin erwischt es übel. Nach einem brutalen Faustschlag ins Gesicht verschmieren sich Blut und Schminke nur noch zum heulenden Elend.

Sadismus

Offensichtlich sucht Friedkin mit seiner schwarzen Komödie und ihren unvermuteten Gewaltorgien Anschluss an das Humor-Universum von Quentin Tarantino. Dazu aber fehlt es ihm an Tarantinos versierter Gewitztheit; bei Friedkin bleibt lediglich Sadismus übrig.
Humor, wo man ihn am wenigsten erwartet, findet man dafür in "Faust", dem Wettbewerbsbeitrag des bildmächtigen Russen Aleksander Sokurov.

In Sokurovs deutschsprachiger Adaption des Goethe-Stofffes trifft man österreichische Schauspieler wieder - wie etwa den formidablen Georg Friedrich, der als Schüler von Faust (Johannes Zeiler) fröhlich in den Eingeweiden eines Verstorbenen herum wühlt. Sokurovs Bilder sehen aus wie grünstichige Röntgen-Aufnahmen und bieten eine fast komische Goethe-Lesart. Bevor Faust etwa den Vertrag mit dem Teufel unterschreibt, meckert er über dessen Rechtschreibfehler.

Ob Darren Aronofksy das allerdings auch witzig findet, wird sich zeigen - am Samstag bei der Preisverleihung.

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