Venedig-Preisträger: Das Leben, die Liebe und das Kino

Der Goldene Löwe geht an Guillermo del Toro, Silberner Löwe für beste Regie an Xavier Legrand.

"Ich bin 52 Jahre alt, wiege 136 Kilo und habe zehn Filme gemacht. Dann kommt der Moment, wo man alles riskiert", sagte Guillermo del Toro in seiner Dankesrede. Und das Risiko hat sich ausgezahlt: Der mexikanische Star-Regisseur erhielt höchst verdient den Goldenen Löwen, den Hauptpreis der 74. Filmfestspiele von Venedig.

Del Toros hypnotisches Fantasy-Märchen "The Shape of Water" (siehe Trailer unten) hatte nicht nur die Kritiker, sondern auch die Jury unter der Leitung der US-Schauspielerin Annette Bening begeistert. Angesiedelt zwischen Minnelli-Musical und Noir-Krimi aus dem Kalten Krieg, erzählt der Mexikaner ("Pan’s Labyrinth") die Liebesgeschichte zwischen einer Putzfrau und einem Fabelwesen aus dem Meer.

"Ich glaube an das Leben, die Liebe und das Kino", beteuerte der sichtlich gerührte Regisseur. Erstmals ging ein Hauptreis des Filmfestival an einen Mexikaner – und wurde von del Toro allen lateinamerikanischen Filmemachern gewidmet.

Weinkrampf

Seine Rührung jedoch war nichts im Vergleich zu jener des Gewinners des Silbernen Löwen: Kaum noch sprechen, weil er von derartig starken Weinkrämpfen geschüttelt wurde, konnte der Franzose Xavier Legrand (Bild unten).

Venedig-Preisträger: Das Leben, die Liebe und das Kino
Director Xavier Legrand reacts as he receives the Silver Lion for Best Director award with the movie "Jusqu'à la Garde" during the award ceremony of the 74th Venice Film Festival on September 9, 2017 at Venice Lido. / AFP PHOTO / Tiziana FABI

Legrand hatte bereits den "Löwen der Zukunft" für sein Spielfilmdebüt "Jusqu’ à la garde" (siehe Trailer unten) erhalten und sichtlich mit keinem Preis mehr gerechnet. Doch seine Geschichte von der schmerzhaften Trennung eines Paares und den Auswirkungen auf den zwölfjährigen Sohn, wurde dank des Silbernen Löwen für beste Regie praktisch zum Abräumer des Abends.

Eine nicht ganz nachvollziehbare Entscheidung, zumal Legrands Drama zwar präzise beobachtet und erzählt ist, jedoch dabei den erwartbaren Rahmen eines guten Arthouse-Films keineswegs sprengt.

Die großen Aufreger von Venedig, die das durchwegs starke Programm des heurigen Festivals bestückt hatten, gingen leer aus. Darren Aronofskys wild umstrittener Höllentrip "mother!" mit der tapferen Jennifer Lawrence in der Hauptrolle, erhielt nichts. Paul Schraders treffliches Pastoren-Terror-Drama "First Reformed" mit Ethan Hawke wurde übersehen.

Den "Coppa Volpi"-Preis für die beste Schauspielerin erhielt die 71-jährige Britin Charlotte Rampling. In "Hannah" (siehe Trailer unten) bietet sie die eindrückliche Studie einer einsamen Ehefrau – eine Rolle, die stark an ihr Spiel in dem Ehedrama "45 Years" erinnert und ihr vor zwei Jahren auf der Berlinale einen Preis eingebracht hat. Insofern konnte man sich eines leichten Déjà-vu-Gefühls nicht erwehren.

Er frage sich, wie er einen so großen Preis nach Palästina schleppen solle, bedankte sich Kamel El Basha, der einen "Coppa Volpi" für bestes Schauspiel in dem Gerichtssaaldrama "The Insult" bekam. Eine Frage, die ihm vielleicht der Israeli Samuel Maoz beantworten könnte: Er gewann für seine surreale Militär-Kritik "Foxtrot" den Großen Preis der Jury.

  • Goldener Löwe für den besten Film: "The Shape of Water" von Guillermo del Toro (USA)
  • Großer Preis der Jury: "Foxtrot" von Samuel Maoz (Israel/Deutschland/Frankreich/Schweiz)
  • Silberner Löwe für die beste Regie: Xavier Legrand für "Jusqu'à la garde" von Xavier Legrand (Frankreich)
  • Spezialpreis der Jury: "Sweet Country" von Warwick Thornton (Australien)
  • Preis für den besten Schauspieler: Kamel El Basha für "The Insult" von Ziad Doueiri (Frankreich/Libanon)
  • Preis für die beste Schauspielerin: Charlotte Rampling für "Hannah" von Andrea Pallaoro (Italien/Belgien/Frankreich)
  • Preis für das beste Drehbuch: Martin McDonagh für "Three Billboards Outside Ebbing, Missouri" (Regie: Martin McDonagh, Großbritannien)
  • Marcello-Mastroianni-Preis für den besten Jungdarsteller: Charlie Plummer für "Lean on Pete" von Andrew Haigh (Großbritannien)
  • Luigi-De-Laurentiis-Preis für einen Debütfilm: "Jusqu'à la garde" von Xavier Legrand (Frankreich)

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