Johanna Doderer: "Den Kindern eine Stimme geben"

Die österreichische Komponistin Johanna Doderer
Die österreichische Komponistin bringt an der Wiener Staatsoper ihr neues Werk "Fatima oder von den mutigen Kindern" zur Uraufführung.

Ein böser Schlossherr, der mit Genuss Kinderträume auffrisst. Ein Junge, der deshalb seine Träume verliert. Und ein Mädchen, das sich dem Schlossherren mutig entgegenstellt und ihn letztlich besiegt. Das ist der Stoff, aus dem die neue Oper von Johanna Doderer besteht.

Für die Wiener Staatsoper hat die Großnichte des legendären Autors Heimito von Doderer eine Kinderoper komponiert, die am 23. Dezember im Großen Haus uraufgeführt wird. Die Geschichte basiert auf einer Erzählung des syrisch-deutschen Schriftstellers Rafik Schami; das Libretto hat René Zisterer geschrieben.

Und Johanna Doderer freut sich "in positiver Anspannung" auf die Premiere. "Mir war es wichtig, den Kindern eine Stimme zu geben. Ihren Glauben an ihre Träume und an die Zukunft zu stärken", sagt Doderer im KURIER-Gespräch. "Die Erzählung von Rafik Schami habe ich schon vor langer Zeit gelesen und lieben gelernt. Als mich die Staatsoper gefragt hat, ob ich eine Kinderoper komponieren würde, war sofort klar, dass es dieser Stoff wird", so Doderer.

Zum Mitsingen

Geht man an eine Kinderoper anders heran als an sonstige Werke? "Ja, denn man sollte die Kinder nicht überfordern, aber auch nicht unterschätzen. Ich habe daher bewusst in das Werk einige Lieder integriert, die zum Mitsingen oder Nachsingen sind. Und ich habe – übrigens schweren Herzens – auf eine Ouvertüre verzichtet. Das hat einen simplen Grund: Ich habe an der Staatsoper eine Aufführung von Hans Werner Henzes Kinderoper ,Pollicino’ gesehen. Und als es da im Haus dunkel wurde, haben einige Kinder fast verängstigt reagiert. Also hole ich die Kinder ab, indem ich eine Hauptfigur anfangs zu ihnen sprechen lasse." Lachend: "Die Ouvertüre habe ich auf eine andere Art in das Stück hineingeschmuggelt. Wenn man so ein Orchester wie an der Staatsoper zur Verfügung hat, muss man das machen", ergänzt Doderer.

Zur Musik kam die Künstlerin schon sehr früh; von Liedern über Kammermusik bis zu großen Orchesterwerken und Opern reicht Doderers musikalische Ausdruckspalette. "Aber eine Kinderoper habe ich bis dato noch nie geschrieben. Und ich schätze die Kinder und Jugendlichen sehr. Sie sind das ehrlichste, offenste, aber auch härteste Publikum. Wenn ihnen langweilig ist, sagen sie das auch." Doderer weiter: "Also habe ich die Wirkung von ,Fatima’ auf das junge Publikum innerhalb meiner Familie und meines Freundeskreises getestet." Lachend: "Da habe ich zumindest entsprochen."

Zum Anhören

Einem anderen Komponisten-Klischee entspricht die leidenschaftliche Bergsteigerin ("Das Klettern macht mich glücklich und schenkt mir Inspiration.") nicht. "Ich möchte eine Musik schreiben, die sich jeder Kopflastigkeit entzieht, die zwar streng durchdacht ist, aber für die Menschen hörbar ist und Emotionen auslöst. Ich lasse mich auch nicht auf eine Stil-Schublade festlegen." Womit wir bei grundsätzlichen Fragen wären. Warum hat es die zeitgenössische Klassik so schwer? "Weil sie sich oft in einen intellektuellen Elfenbeinturm zurückzieht. Weil sie sich sperrig, ja abweisend gibt. Davon halte ich gar nichts. Ich komponiere für die Menschen und hoffe, dass ihnen meine Werke etwas geben. Das heißt aber nicht, dass man sich anbiedern sollte. Aber man sollte auch niemanden mit Absicht verprellen. Daran krankt die zeitgenössische Klassik oft."

Doderer selbst komponiert nicht linear. "Ich beginne mit einzelnen Szenen und füge dann einen Puzzle-Teil an den nächsten. Bis plötzlich ein Mosaik fertig ist." Welches "Mosaik" demnächst kommt? "Ein Werk zur Wiedereröffnung des Münchner Gärtnerplatztheaters. Darauf freue ich mich sehr."

Kommentare