Doderers "Fatima": Ein Werk, das bleiben wird

Staatsoper, honorarfrei
Johanna Doderers "Fatima oder von den mutigen Kindern" an der Wiener Staatsoper.

Endlich spielt die Wiener Staatsoper eine sogenannte Kinderoper dort, wo sie auch hingehört, nämlich im großen Haus. Die Rede ist von Johanna Doderers neuer Komposition "Fatima oder von den mutigen Kindern", das als Auftragswerk im Haus am Ring seine umjubelte Uraufführung erlebte. Und der Jubel war – mit minimalen Einschränkungen – berechtigt. Denn Musik, Text und Umsetzung lassen kaum Wünsche offen, sind ein Theatervergnügen für Klein und Groß.

Traumfresser

Worum es geht? Um den kleinen Hassan, der seiner Familie aus der Armut helfen will, eine Arbeit bei einem bösen Schlossherrn annimmt, sich von diesem aber ärgern lässt und deshalb seine Träume verliert. Denn der Schlossherr isst Kinderträume für sein Leben gern. Also macht sich Hassans Schwester Fatima auf, um die Träume der Kinder zurückzuholen und den Schlossherrn zu besiegen. Was natürlich – so will es auch die Vorlage des syrisch-deutschen Schriftstellers Rafik Schami – gelingt.

René Zisterer hat aus der Erzählung Schamis ein kluges, geistreiches und stringent gestrafftes Libretto geformt; Johanna Doderer hat die dazu passende Musik geschrieben. Und die ist genial.

Doderer hat keine Angst, tonal oder "kindgerecht" zu komponieren, sie setzt auch auf mitsingbare Lieder, kostet aber dennoch expressive Momente wunderbar aus. Atonale Einschübe sind da ebenso erlaubt wie leitmotivische Momente. Und die österreichische Komponistin weiß, dass Musiktheater von Emotion lebt, die in ihrer Musik omnipräsent ist. "Fatima" ist somit schlicht ein Meisterwerk jenseits aller musikalischen Schubladen und wird – diese Prophezeiung sei gewagt – auch den Weg auf andere Opernbühnen finden.

Hoffentlich dann auch in einer so feinen Inszenierung wie jener von Henry Mason, der in der Ausstattung von Jan Meier auch mit dem Theater an sich spielt und auf die Fantasie des Publikums vertraut. Requisiten werden da sichtbar hin- und hergeschoben, vom Bett bis zur Badewanne, von der Kuh bis zum Pferd tut sich eine magische Welt auf, die aber immer auch sinnliches Theater bleibt. Sogar der Begriff Pferdeäpfel erhält bei Mason eine ganz neue Bedeutung!

Klangschönheit

Die musikalische Seite? Dirigent Benjamin Bayl und das Bühnenorchester der Staatsoper realisieren Doderers Musik mit Hingabe, machen die Schönheiten dieser Partitur hörbar. Die Sänger – man alterniert – sind gut. Sorin Coliban etwa ist ein wunderbar singender, präsenter Schlossherr von Format, der in der auch vokal quirligen Andrea Carroll als Fatima seine starke Bezwingerin findet. Carlos Osuna ist als Hassan stimmlich stark limitiert; Monika Bohinec und Carole Wilson samt Kinderchor erledigen ihre Aufgaben souverän.

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