Unterwegs mit Bruce Springsteen und seiner The E Street Band
"Ich habe immer geglaubt, dass unser Publikum nicht notwendigerweise dafür bezahlt, dass es seine Lieblingslieder hört, oder wieder einmal mein alterndes Gesicht sieht, sondern für die Intensität und die Lebendigkeit unserer Bühnenpräsenz. Ich will die Leute aufgeladen mit neuer Energie aus dem Konzert entlassen, mit einem Lächeln im Gesicht, mit Liebe im Herzen und einem hoffentlich heitereren Gemüt."
Mit diesen Worten beendet Bruce Springsteen den Dokumentarfilm „Road Diary“, der ab sofort auf Disney+ gestreamt werden kann. Regisseur Thom Zimny, der schon die Filme „Letter To You“ und „Western Stars“ mit dem Musiker gedreht hat, hat dabei ihn und seine E Street Band auf dem Weg zum Live-Comeback nach sieben Jahren Corona-bedingter Pause begleitet. Zimny gibt damit nicht nur Einblicke in die Proben und die ersten Konzerte, sondern zeigt auch deutlich, wie sehr „The Boss“ für die Live-Shows lebt und das Ziel, dem Publikum Freude und Energie zu geben, als spirituellen Auftrag sieht. Erzählt wird die Doku aber vorwiegend von Manager Jon Landau und den Musikern der E Street Band, von denen fast alle seit 50 Jahren mit Springsteen zusammenarbeiten.
Auswahl der Songs
Der Boss selbst ist nur auf der Bühne und bei den Proben zu sehen, nicht aber im Interview. Er fungiert als Erzähler aus dem Off. Springsteen spricht dabei darüber, wie sehr ihm der Verlust seines Saxofonisten Clarence Clemons, der 2011 an einem Schlaganfall starb, immer noch nachhängt, oder wie die Setlist der Tour zustande kam. Er hat sie erstmals in seinem Leben kaum verändert, was Irritationen bei den Fans auslöste, die in der Doku auch zu Wort kommen. Vor der Pandemie waren sie gewohnt gewesen, ihrem Idol Poster mit Songtitel-Vorschlägen vor die Nase zu halten, die er einsammelte und spielte. Die E-Street-Band-Mitglieder erzählen in „Road Diary“, wie angsteinflößend das manchmal für sie war, weil Springsteen dabei gern obskure Songs ausgewählt hat, die sie zehn Jahre oder länger nicht gespielt hatten.
Der Boss selbst aber hatte gute Gründe, das bei der Tour von 2023/’24 anders zu machen: „Ich habe das Programm während der ganzen Tour kaum verändert, weil es genau die Geschichte erzählt hat, die ich erzählen wollte: Eine Story über das Leben, den Tod und alles, was dazwischen kommt.“
Rückblenden
In „Road Diary“ geht es aber nicht nur um die Tour: In Rückblenden – illustriert mit alten Filmen und Fotos aus den 70er- und 80er-Jahren – wird die Bandgeschichte angerissen. Drummer Max Weinberg erinnert daran, wie die Band zu Beginn der Karriere noch gar nicht auf Tour gehen konnte, weil sie immer nur für einzelne Shows gebucht wurde. Die fuhr die Truppe in einer mit Mann und Equipment vollgestopften Limousine an oft mit acht Stunden Anreise und weiteren acht Stunden Rückreise nach dem Konzert. Und er erzählt, dass diese Konzerte in Bierkneipen stattfanden, wo die Musiker ihre Geldbörse mit auf die Bühne nehmen mussten, weil sie sonst nach dem Auftritt garantiert weg gewesen wären.
Die E Street Band hat sich über die Jahre zu einer Familie entwickelt, an der Springsteen sehr hängt. „Ich werde weitermachen, solang die Band mir dabei folgt“, verspricht er in der Doku. „Nach 50 Jahren Tourleben ist es viel zu spät, damit aufzuhören!“
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