Ob Simone de Beauvoir sie später wohl gelesen hat und sich zu den berühmten Zeilen „Man ist nicht als Frau geboren, man wird es“ inspirieren ließ?
Betty Paoli war Lyrikerin, Essayistin und die erste Berufsjournalistin Österreichs. Die Literaturwissenschafterin Karin S. Wozonig hat nun eine Biografie über sie veröffentlicht und unter dem Titel „Ich bin nicht von der Zeitlichkeit!“ ausgewählte Werke der Dichterin herausgebracht.
In ihrer 500 Seiten starken Biografie zeichnet Wozonig den Weg von der aufmüpfigen 17-Jährigen zur renommierten, von der Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach bewunderten Dichterin, Rezensentin, Feuilletonistin und Übersetzerin nach. „Imposant, gescheit und hinreißend“ sei diese – „wenn sie sich herablässt, liebenswürdig zu sein,“ so Ebner-Eschenbach, die Paoli ewige Freundin blieb (und oft mit ihr Karten spielte).
Betty Paoli, geboren am 30. Dezember 1814 in Wien als Barbara Elisabeth Glück, war, so Wozonig, „eine Frau, die die Hierarchie im Geschlechterverhältnis als Ungerechtigkeit empfand und das zum Ausdruck brachte, eine, die gegen alle Konvention ‚ich‘ sagte“: „Ich weiß, was ich will! Und weil ich es weiß, drum bann’ ich’s zu mir in den magischen Kreis.“
Paoli war die erste österreichische Dichterin, die sich in ihrer Kunst „selbstbewusst und kritisch mit einer eigenen, weiblichen Position“ auseinandersetzte. Was natürlich im Biedermeier überhaupt nicht vorgesehen war. Als gebildete, mittellose, ledige Frau schrieb sie auch von der Unzufriedenheit über ihre gesellschaftliche Stellung und beklagte ihre Benachteiligung als weibliches Mitglied des aufstrebenden Bürgertums. Sie war früh auf sich allein gestellt. Um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, arbeitete sie ab ihrem 16. Lebensjahr als Kindermädchen, lebte als junge Frau für längere Zeit in Russland, Galizien und Schlesien. Den frühen Tod ihrer Mutter sowie ihres wenige Stunden alten Sohnes verarbeitete sie künstlerisch. Man munkelte in Wien über sie und eine „bürgerliche Normkarriere“ als Ehefrau und Mutter blieb ihr verwehrt. „Mein Unglück läßt sich in zwei Worte fassen: Ich war ein Weib und kämpfte wie ein Mann!“
Doch Paoli ging ihren Weg. Sprachgewandt und bildungshungrig, zählte sie schon mit 25 zu den wichtigsten deutschsprachigen Lyrikern ihrer Zeit. Nicht zuletzt dank der Hilfe von Mentor Friedrich Witthauer, Redakteur der Wiener Zeitschrift, sowie der Familie Wertheimer, bei der sie als Gesellschafterin arbeitete und Franz Grillparzer und Adalbert Stifter, bald ihr Verlagskollege, kennenlernte.
Mit Grillparzer wiederum teilte sie die Eigenschaft, die Ehe zu scheuen. Schreibend ihr Leben zu verdienen, ohne Abhängigkeit von Familie oder Ehemännern, gelang ihr endgültig im Zuge der 1848er-Revolution wo sie eigenständig Verträge mit Redaktionen schloss, was sie zur ersten professionellen Journalistin Österreichs macht.
Betty Paoli starb 1894 in Baden bei Wien. Ihre pointierten Urteile über literarische Größen wie Annette von Droste-Hülshoff oder Franz Grillparzer haben, schreibt ihre Biografin, bis heute Gültigkeit.