Bei Frankreich-Diskussion stand FPÖ im Zentrum

Bei Frankreich-Diskussion stand FPÖ im Zentrum
Bei der ORF-Talkshow "Im Zentrum" diskutierte Claudia Reiterer mit ihren Gästen über die Frankreich-Wahl und die Zukunft Europas. Doch mit Gästen wie FPÖ-Chef Strache und Neos-Chef Strolz ging es mehr um österreichische Politik, als einem lieb sein konnte.

*Disclaimer: Das TV-Tagebuch ist eine streng subjektive Zusammenfassung des TV-Abends.*

Stell‘ dir vor, es geht um Frankreich und die Zukunft Europas, und alle reden über die FPÖ.

Wie konnte es am Sonntag bei "Im Zentrum" so weit kommen?

Wenn man Heinz-Christian Strache einlädt, nimmt man in Kauf, dass die FPÖ im Zentrum steht. Denn dass seine Partei im Gespräch ist, hat Strache noch nie gestört. Egal in welchem Kontext.

Noch dazu saßen Experten aus dem Ausland am Tisch, die offenbar mit dem Anspruch angetreten sind, den FPÖ-Chef mit direkten Angriffen zu entzaubern. Was sie nicht wissen: Das funktioniert in Fernsehdiskussionen nicht. Das liegt aber nicht etwa daran, dass Live-Talkshows ungeschnitten gesendet werden, wie Strache sagte. Sondern daran, dass Strache die Konfrontation geradezu braucht. Er nützt Vorwürfe stets dazu, um sie auf den politischen Mitbewerber umzulenken.

Fake News

So wurde zum Beispiel das Thema Fake News diskutiert. Sylke Tempel, Chefredakteurin des Magazins Internationale Politik, erzählte unter anderem von der Behauptung aus dem Front National-Lager, Macron-Anhänger hätten Le Pen umbringen wollen. Solche Lügengeschichten würden fast ausschließlich von rechtspopulistischen Parteien angewandt, sagte sie. Strache erklärte, Fake News seien natürlich abzulehnen, richtete den Fokus aber sofort auf die österreichische Medienlandschaft, wo die Berichterstattung durch Millionensubventionen "nicht ganz parteipolitisch frei" sei.

Natürlich kann man über die Art der Presseförderung diskutieren, die Inseratenpolitik der Republik und der Stadt Wien kritisieren, aber der implizit vorgebrachte Vorwurf einer gelenkten Berichterstattung ist dennoch "abenteuerlich", wie auch Tempel sagte.

Die deutsche Journalistin zeigte zudem den Widerspruch auf, dass Macron von den Blauen gerne als glatter Investmentbanker kritisiert wird, während man nicht ganz so genau hinsehe, wenn die halbe Trump-Regierung von Milliardären und Bankern gestellt wird.

Distanzierung von Le Pen

Bemerkenswert war, wie Strache sich von Le Pen distanzierte. Die FPÖ sei im Unterschied zum Front National (FN) eine "erfolgreiche Partei", habe andere Positionierungen als der "fast sozialistische" FN, sei "in der Mitte der Gesellschaft angekommen".

Strache habe wohl "einen Kübel voll Kreide" (gibt’s die in Kübeln?) verspeist, warf Strolz ein.

"Man muss das differenziert sehen", sagte Strache immer wieder. Nur um dann erst recht wieder Kriminalität und Migrationshintergrund in einen Topf zu werfen.

Bemerkenswert war auch, dass Strache sagte, Marine Le Pen habe "mit dem Einzug in die Stichwahl einen Erfolg geschafft, der zuvor keiner Kandidatin des Front National gelungen ist." Der FPÖ-Chef dürfte in Geschichte nicht ganz sattelfest sein, zog doch der Parteigründer Jean-Marie Le Pen bereits 2002 in Frankreich in die Stichwahl ein. Aber in der FPÖ selbst spricht heute öffentlich ja auch kaum jemand mehr über Jörg Haider.

Bemerkenswert war zudem die Rolle von Neos-Chef Matthias Strolz. Man hätte erwarten können, dass Strolz als Chef einer relativ jungen, liberalen Partei Auskunft über die "En Marche"-Bewegung von Macron gibt. Oder darüber etwas zu sagen hat, wie es zum Beispiel mit den etablierten Parteien in Europa weiter geht. Aber er wurde von Moderatorin Claudia Reiterer erst gar nicht danach gefragt.

Duracell-Hasen und antisemitischer Sager

Strolz fiel vor allem mit seiner vehementen Forderung nach einem Schutz der EU-Außengrenzen auf und ließ sich einmal in ein Wortgefecht mit Strache verwickeln. Dieser verspottete ihn als "Duracell-Haserl" und den Neos-Förderer Hans-Peter Haselsteiner als "Rothschild für Arme". Der Aufschrei in der Runde sowie in den Sozialen Medien ob dieser antisemitischen Anspielung blieb überraschenderweise aus.

Wieder einmal war man also in den Niederungen der heimischen Politik angelangt. Wünscht man sich eine solche mit Verbalinjurien gespickte Diskussion, könnte man gleich alle Klubchefs aus dem österreichischen Parlament einladen. Die Zusammensetzung dieser Runde wirkte aber seltsam unausgewogen, es roch immer wieder nach Themenverfehlung.

Strache soll "üben"

Auch hätte Reiterer an mancher Stelle ordnend eingreifen können, damit etwa der französische Sorbonne-Historiker Jérôme Segal nicht gänzlich im Wortschwall der jungen und alten Duracell-Hasen untergeht. So blieb es Strolz vorbehalten, Strache zum Zuhören aufzufordern: "Sie werden das heute üben."

"Im Zentrum ist nur gut, wenn es schlecht ist", schrieb ein Twitternutzer. Zumindest nach dieser verqueren Logik war es am Sonntag ziemlich gut.

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