Ihr Tratschpartner ist quasi ein Betroffener. Denn sein Vater wohnt am Domplatz. Immer, wenn er, vom Bistum kommend, den Platz quert, ist er betroffen. Aber auch ein wenig amüsiert. Denn rund um den Platz läuft ein Metallband, aus dem von Zeit zu Zeit Wölkchen mit zerstäubtem Wasser verdampfen. Sie sind der berüchtigte Tropfen auf dem heißen Stein – völlig sinnlos. Denn kein Mensch hält sich hier, abgesehen von den Markttagen, auf.
Jahrelang haben Archäologen gegraben: Der Friedhof mit 22.134 dokumentierten Bestattungen aus dem 9. bis 18. Jahrhundert sei geradezu einzigartig. Deshalb schüttete man „das weltweit umfangreichste, ortsgebundene Bioarchiv menschlicher Skelette“ wieder zu. Komplett. Nun ist der Domplatz ein Sarkophag.
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Der Entwurf für die Neugestaltung von Christian Jabornegg und András Pálffy stammt aus dem Jahr 2010. Die Welt ist seither eine andere geworden. Matthias Stadler, seit 2004 Bürgermeister von St. Pölten (SPÖ), hielt trotzdem an den Plänen fest. Die Architekten hatten ja versprochen, dass ihr Platz nicht nur gequert, sondern als „Ort der Begegnung und des Aufenthaltes wahrgenommen“ werden würde. Netter Versuch. Jabornegg & Pálffy begreifen ihre Architekturen als minimalistische Skulpturen. Daher haben sie auch nur ein Zeichen gesetzt: Sie schützen die Reste der ehemaligen Pfarrkirche durch eine monolithische Platte“, deren „Kontur sich reliefartig auf dem Platz abzeichnet“. Reliefartig scheint übertrieben. Aber ja, der knallweiße Grundriss hebt sich im nördlichen Teil etwas vom übrigen Grau ab.
Dass es auch eine runde Andreaskapelle gab, war den Architekten hingegen völlig egal. Sie wollten den Platz pur. Und eine Begrünung sei unmöglich, heißt es. Weil die Wurzeln das Gräberfeld, das man ohnedies nicht sieht, zerstören könnten. Absurd.
Auch die Architekten des Museumsquartiers, Laurids und Manfred Ortner, wollten Urbanität zur Schau stellen – und wehrten sich gegen alles, was an Natur erinnert. Sie billigten bloß ein rechteckiges Bassin. Doch so kahl, wie sie sich das 2001 eröffnete MQ wünschten, ist dieses schon lange nicht mehr. Zunächst kamen die bunten Sitzgelegenheiten. Und nun beauftragte Geschäftsführerin Bettina Leidl die deutsche Landschaftsplanerin Anna Detzlhofer, das Areal zu begrünen. Als Übergangslösung stehen nun Bäume, Büsche, Stauden in großen Ballen auf Holzpaletten – und bilden fast eine Oase. Es geht also doch. Wenn man will.
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