Auch die Kunst zieht es ins Freie – und in abgesteckten Arealen entstehen ortsspezifische Werke. Beim „Hoch-Sommer-Festival“ im Grenzgebiet Burgenland, Steiermark und Slowenien z. B. (ab 4. August) setzt Christian Eisenberger seine Bilder bewusst Wind und Wetter aus. Installationen gibt es auch auf den Almen des Großarltals („Kunstroas“) zu entdecken, im Nationalpark Hohe Tauern bei Bad Gastein („Sommer Frische Kunst“) und beim Stausee Ottenstein im Waldviertel („Lichtenfels Sculpture“).
Im öffentlichen Raum realisierte zudem die Kunstmesse Parallel Vienna einen Skulpturenpark – zum zweiten Mal rund um die Villa Toscana von Gmunden als Beitrag zu den dortigen Festwochen. Natürlich handelt es sich – bei freiem Eintritt – um eine Verkaufsausstellung: Zwölf Galerien präsentieren bis Ende August je eine Arbeit, die Messe selbst hat elf Künstler eingeladen. Doch die Lage auf der Halbinsel mit den Schlössern Ort ist geradezu überwältigend, der Rundgang macht echt Spaß.
Denn viele Beiträge fügen sich, auch wenn es kein kuratorisches Konzept für die niederschwellige Schau gibt, zu einem Statement: Kunst darf amüsant sein. Hubert Scheibl zum Beispiel lässt eine monströse, ausgequetschte Zahnpasta-Tube, auf einem Thonet-Sessel lümmelnd, zum Traunstein blicken („Tubara“).
Akt mit Welschriesling
Direkt daneben wölbt sich ein Gössermuskel aus einer monströsen Dose („Bierbauchdose XL“ von Daniel Ecker). Etwas weiter entfernt brutzeln zwei monströse Spiegeleier von Gert Resinger in der Sonne: „Sunny side up (Couple Goals)“. Schmunzeln darf man auch bei den monströsen, zur Hälfte in der Wiese versunkenen Mädchen-Porträtfotos („Bis übern Hals“ von Roland Maurmair“) und dem Titel der kompilierten Figur von Ronald Kodritsch: „Akt mit Welschriesling“.
Vom Toscanapark mit dem prächtigen Baumbestand geht es weiter zum Stadtgarten. Der hat rein gar nichts vom mondänen Flair Gmundens: Seit dem Auszug der Stadtgärtnerei ist die „G’stättn“ sich selbst überlassen. Denn von drei Glashäusern steht nur noch eines, und dieses wurde 2021 vom Hagel regelrecht zerschossen. Markus Geiger hat die Dachreste nun mit roter Farbe bepinselt. Er spielt mit dieser Umkehrung auf die Kriegstaktik an, sensible Einrichtungen durch Camouflage vor Bombardements zu schützen.
Die Installation entstand im Zuge von AIR 101, einer von Anna Bier 2021 initiierten Plattform: Monat für Monat werden Künstler in ein Atelierhaus am See eingeladen. AIR ist die Abkürzung für Artist in Residence – und 101 die Hausnummer. Im vergangenen Jahr realisierte man drei Ausstellungen, der Stadtgarten soll als künstlerische Spielwiese etabliert werden.
Auf diesem Brachland stehen bis 13. August auch kreuz und quer die Schiffscontainer der Gmunden.Photo. Für die dritte Ausgabe wurde Lisa Ortner-Kreil vom Kunstforum Bank Austria als Kuratorin gewonnen. Die Schau spannt einen Bogen von legendären Positionen (Stanley Kubrick und Man Ray) bis zu jungen Talenten, die sich z. B. mit Geschlechterfragen beschäftigen. Und die Grenzen sind fließend: Man stößt auch auf Installationen und Videos.
Helmuts Beine in Pumps
Mitunter lassen sich zwischen den 16 Containern Bezüge erkennen: Alice Springs hat ihren Mann, Helmut Newton, in Pumps fotografiert – und er sie mit weit geöffneter Bluse. Elsa Okazaki wiederum fotografierte Florentina Holzinger in einer durchaus ähnlichen Körperhaltung.
Dominant in der Schau unter dem Titel „Powerplay“ sind generell Porträts von Künstlern und Musikern wie Patti Smith und Jeff Koons (von Anton Corbijn), Courtney Love und Brad Pitt (von Mark Seliger). Für die Bekrönung sorgt jedoch Elfie Semotan: Im Auftrag der Kulturhauptstadt 2024 – Bad Ischl und 22 weitere Gemeinden des Salzkammerguts – fotografierte sie alle 23 Bürgermeister und montierte die Bilder zu einem Fries. Der eine oder andere trägt Tracht – und es gibt nur drei Frauen. Die Collage wird sicher noch öfter verwendet werden.
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