Trenklers Tratsch: Das Ende von Martin Kušejs Burg als Unschuldslamm
Jetzt wird es ziemlich eng für das Burgtheater in der Causa Teichtmeister. Denn die bisherige Argumentationslinie, von Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer mit schützender Hand verteidigt, ist in sich zusammengebrochen.
Mitte September 2021 wurde sehr viel Unschönes über Florian Teichtmeister bekannt – zunächst gerüchteweise: Kokainsucht, das Horten Abertausender Fotografien minderjähriger Mädchen, häusliche Gewalt und so weiter. Doch das Burgtheater unternahm – nichts: Direktor Martin Kušej glaubte der Darstellung seines Freundes, der volle Vorstellungen garantierte.
Am 31. Jänner 2022 hätte Kušej eine Nichtverlängerung des Vertrags aussprechen können. Doch er verzichtete. Statt Teichtmeister in die zweite Reihe zu stellen, übertrug er ihm weitere Hauptrollen – etwa in der Inszenierung von „Nebenan“.
Erst Mitte Jänner 2023 entließ die Burg Teichtmeister. Sie hätte, sagte die Expertin Katharina Körber-Risak damals, „viel zu spät reagiert“. Der Anwalt Bernhard Hainz, der die Bundestheater samt Burgtheater berät, argumentierte im Sinne des Auftraggebers: Nicht einmal eine Suspendierung wäre möglich gewesen. Auf die Frage, ob die Burg tatsächlich alles richtig gemacht habe, antwortete er: „Ja, man hat im Rahmen des rechtlich und faktisch Möglichen alles getan.“
Was bezweifelt wurde. Denn im Fall des Cellisten N. unternahm Holding-Geschäftsführer Christian Kircher alles, um zu verhindern, dass dieses je wieder im Graben der Staatsoper Dienst tut: „Ich lege Wert auf Wohlverhalten und kann es nicht tolerieren, wenn jemand versucht, sich an jungen Menschen zu vergehen.“
Um zu untermauern, alles richtig gemacht zu haben, wurde der durch die Entlassung entstandene Schaden bei Teichtmeister eingeklagt – insgesamt 94.493 Euro. Doch die Richterin am Arbeits- und Sozialgericht folgte der Argumentation von Teichtmeisters Anwälten, wie die Krone berichtet: Wäre der Schauspieler ab dem Herbst 2021 nicht mehr beschäftigt worden, hätte sich der allfällige Schaden drastisch reduziert. Die Schuld sprach das Gericht nun zwei Drittel zulasten der klagenden Partei zu. Teichtmeister muss demnach nur 19.231 Euro zahlen: „Das Begehren des Burgtheaters über weitere 75.262 Euro wurde abgewiesen.“ Die Burg darf dem Schauspieler zudem anteilig Verfahrenskosten in Höhe von 6.053 Euro ersetzen.
Ob es das Urteil annimmt? Wenn ja, müsste sich das Theater wohl hausintern schadlos halten, den Betrag bei der Geschäftsführung einfordern. Kušej ist ohnedies versichert. Und alsbald weg.
Der Hahnenkampf unter den Theatermachern geht im Herbst aber unverdrossen weiter. Stefan Bachmann, der neue Direktor der Burg, darf zwar die Saison eröffnen – am 5. September mit mehreren Hamlets in der Regie von Karin Henkel. Für seine eigene Vorstellung hingegen – „Johann Holtrop“ am 7. September im Akademietheater – wird ihm nicht die ungeteilte Aufmerksamkeit zuteilwerden: Gleichzeitig hebt Kay Voges am Volkstheater „Bullet Time“ aus der Taufe. Und in den Kammerspielen gelangt Ferdinand von Schirachs „Sie sagt. Er sagt.“ zur Uraufführung. Da denkt man sich als Theaterliebhaber: Was machen eigentlich die Herren im Wiener Bühnenverein, dem Zusammenschluss aller großen Theater? Sich absprechen jedenfalls nicht.
Im Schirach-Stück geht es um eine Fernsehmoderatorin, die ihren Ex-Geliebten, einen Industriellen, der Vergewaltigung beschuldigt. Inwieweit reicht die Gesetzgebung aus, um solche Übergriffe beurteilen zu können? Eigentlich hätte Julian Pölsler inszenieren sollen. Da nun auch er mit MeToo-Vorwürfen konfrontiert ist, reagierte Josefstadt-Direktor Herbert Föttinger zeitgerecht: Er übertrug die Regie seiner Frau Sandra Cervik.
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