Doch die Lady sinkt nicht zu Boden, ganz im Gegenteil, sie verhöhnt ihn: „Tom Trinkler, du Ratte!“ An ihrem Busen hat sie als Schutzschild das prall gefüllte Programmbuch des Volkstheaters getragen. Mit einem breiten Lachen zieht sie dieses hervor: Eine Patrone steckt darin.
„Du hast einfach nichts verstanden!“ Dann wird dem fiesen Kerl der Garaus gemacht: „Lass ihn leiden!“, befiehlt die Lady, und ihre Gefährtin betet mit Bedeutung das Programm („vom Feinsten“) herunter. Der Typ – „Ich hasse Theater!“ – windet sich am Boden. Dann stößt einer der beiden Männer im Gefolge der Schönen den Wurm an, um festzustellen: „Der Bastard atmet noch.“
Vor dem „Tod eines Kritikers“ schreckt Voges dann doch zurück. Bei der Präsentation am Dienstag im eher kleinen Rahmen (die gleichzeitige Pressekonferenz der Festwochen mit Omri Boehm war besser besucht) sagte er aber stolz: „Ich finde, der Film ist super geworden!“
Zunächst hatte er ein Resümee über die laufende Saison gezogen (die bereits im Mai endet): „Ich bin diesem Haus wahnsinnig dankbar, dass wir dieses Wahnsinnsprogramm machen konnten! Die Zuschauerzahl wächst und wächst.“ Bis zum Stichtag 30. April seien 113.000 Karten aufgelegt und von diesen 82.400 ausgegeben worden. Zum Vergleich: 2006/’07 waren bis zum Stichtag 21. April doppelt so viele Zuschauer – konkret: 161.500 – gezählt worden. Und schon damals, unter Michael Schottenberg, stand es eher mau ums Volkstheater.
„Liebes Arschloch“
Im großen Saal hätte die Auslastung 77 Prozent betragen, sagte der kaufmännische Direktor Cay Stefan Urbanek. Allerdings ist die Zahl mit großer Vorsicht zu genießen: Es wurden weit weniger Karten ausgegeben, als Plätze vorhanden sind.
In der kommenden Saison mit dem Motto „Showdown!“ – der Showdown sei der Höhepunkt der Erzählung – will Voges es „knallen lassen“ – und zwar „bis zur letzten Patrone“. Am 7. September bringt er „Bullet Time“ von Dramaturg Alexander Kerlin zur Uraufführung. Am 25. Oktober lädt er mit „Der Name“ von Jon Fosse nach. Dazwischen, am 14. September, ist noch die Erstaufführung „Liebes Arschloch“ von Virginie Despentes (Regie: Stephan Kimmig). Und als letzte Premiere im großen Saal zerpflückt Paul-Georg Dittrich den zweiten Akt der „Fledermaus“ von Johann Strauß unter dem Titel „Villa Orlofsky“.
Alle übrigen Theaterpremieren werden von Frauen verantwortet: Claudia Bauer inszeniert „Krankheit oder Moderne Frauen“ von Elfriede Jelinek, Luise Voigt kompiliert Texte von Friederike Mayröcker, Leonie Böhm und Julia Riedler erzählen Arthur Schnitzlers „Fräulein Else“ nach. Helgard Haug (Rimini Protokoll) beschäftigt sich mit dem Kollaps („Ever Given“) und als definitiver Höhepunkt hat am 15. November „Camino Real“ von Tennesse Williams in der Regie von Anna-Sophie Mahler Premiere – mit der Band Calexico für etwa 13 Vorstellungen „live on stage“.
Martin Kušej hatte für seine letzte Burg-Saison den Polit-Slogan „Aufwachen, bevor es wieder finster wird“ ausgegeben. Kay Voges eifert ihm nach: Im Volkstheater gibt es am 25. und 26. September die „Ultimative Feier der Demokratie (bevor’s zu spät ist!)“ mit einem bunten Programm – und einer von Michael Ostrowski moderierten Wahlparty (wann auch immer).
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