Trenklers Tratsch: Ein Sargdeckel für das Historische Museum

Manch einer meint, das neue Obergeschoss erdrücke den denkmalgeschützten Bau von Oswald Haerdtl
Am Umbau des Wien Museums von Oswald Haerdtl, 1959 als Historisches Museum der Stadt Wien eröffnet, doktert man ja schon eine gefühlte Ewigkeit herum. Bereits 2002, als Direktor designiert, meinte Wolfgang Kos, dass man „einen Neubau für das Museum fordern“ müsse, wenn sich die Idee, das gegenüberliegende Künstlerhaus zu bespielen, nicht realisieren lässt.
Kos investierte viel Energie, um dem Stadtmuseum mehr Platz zu verschaffen – neben dem Karlsplatz oder sonstwo. Die Früchte ernten durfte er nicht: Erst im November 2015, zwei Monate nach seiner Pensionierung, wurde das siegreiche Projekt des Teams Winkler + Ruck mit Certov für die Erweiterung und Sanierung des Wien Museums präsentiert.

Schlichte Nachkriegseleganz: das Historische Museum der Stadt Wien im Eröffnungsjahr 1959
Und es dauerte noch einmal drei oder vier Jahre, bis tatsächlich mit den Arbeiten begonnen wurde. Vom Haerdtl-Bau blieb außer dem Stahlbetongerippe und ein paar Ziegeln nichts übrig. Die Direktion, Matti Bunzl und Christina Schwarz, versicherte aber, dass er nach der Sanierung die gleiche ästhetische Anmutung haben werde. Auch wenn die Fenster ausgetauscht und die Fassaden mit neuen Steinplatten verkleidet sein werden.
Die Arbeiten sind mittlerweile recht weit gediehen, über dem denkmalgeschützten Haerdtl-Bau „schwebt“ (so die euphemistische Wortwahl des Wien Museums) das massige Geschoß, das künftig für Wechselausstellungen genutzt werden soll. Flaneure können sich bereits ein konkretes Bild machen.
Definitiv positiv ist, dass tatsächlich die Verbindungsbrücke zum Winterthur-Gebäude der Zurich abgerissen wurde. Das neue Wien Museum wird ein Solitär sein – wie der Haerdtl-Bau in den 60er-Jahren. Der Aufbau allerdings hat einen gewissen Brutalismus. Die Kronen Zeitung prägte vor etlichen Jahren den heiteren Begriff „Fette Matratze“. Man könnte aber auch Sargdeckel sagen. Denn in seiner schlichten Nachkriegseleganz ist der Haerdtl-Bau nichts anderes als eine Kiste. Und der Betondeckel drückt, auch wenn er von manchen Perspektiven aus zu schweben scheint. Ja, er erdrücke den Haerdtl-Bau geradezu, wie der eine oder andere KURIER-Leser meint.
Vielleicht hatte die Jury kein ausgeprägtes Vorstellungsvermögen. Denn sie befand, dass „ein klassisch moderner Pavillon“ auf das Dach des in anderer Form „klassisch modernen Haerdtl-Pavillons gesetzt“ werde: Die Idee sei „einfach und einprägsam“, die Aufgabenstellung „überzeugend gelöst“. Die Jury sprach auch von „feinfühligen Detaillösungen“, und der damals eifrig Spenden sammelnde Gemeinderat Christoph Chorherr (Grüne) von einer „sensiblen, aber deutlichen Aufwertung des Karlsplatzes“.

Im Wien Museum meint man, dass genau der Entwurf, der vom Bundesdenkmalamt abgesegnet wurde, realisiert wird: „Wir bekommen extrem viel positive Resonanz auf das neue Obergeschoß.“ Dass es Gegenstimmen gebe, sei „völlig in Ordnung“. Man bitte aber noch um ein wenig Geduld mit dem Urteil – bis der Altbau die neue, helle Fassade hat und der neue, vorgelagerte Glaspavillon fertiggestellt ist.
Dass der Ukranie-Krieg zu Verzögerungen führen könne, glaubt man nicht. „Nach wie vor steht der Plan: Der Bau soll Ende 2022, Anfang 2023 fertig werden, der Einbau der Dauerausstellung folgt danach. Die Wiedereröffnung ist weiterhin für Ende 2023 avisiert.“
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