Trenklers Tratsch: Wenn man es mit der Wahrheit nicht genau nimmt

Trenklers Tratsch: Wenn man es mit der Wahrheit nicht genau nimmt
Die Wienbibliothek legt Heinz Conrads eine Begrüßung in den Mund, die er nie verwendet hat. Und die Albertina manipuliert ein Foto.

Klaus Albrecht Schröder, der Direktor der Albertina, hatte es im Frühjahr 2020 nicht gerade einfach. Er wollte die Dependance im Künstlerhaus mit Trara eröffnen – und dann vereitelte die Pandemie jedes Fest. Damals entstand ein Foto, das die Albertina bei Rupert Steiner in Auftrag gegeben hatte: Es zeigt die frisch renovierte Fassade in der Dämmerung; der „Albertina modern“-Schriftzug leuchtet heraus.

Dieses Foto taucht weiterhin in Medien auf. Aber manipuliert: Die Albertina erneuert einfach die Plakate bzw. Ankündigungen auf dem Dreiecksständer im Vordergrund. Die Montage wurde jedoch nicht kenntlich gemacht. Weil man wohl angenommen hat, dass niemand den Wahrheitsgehalt des Fotos hinterfragt. Allerdings hat sich die Fassade verändert: Die „Künstlerhaus Vereinigung“, die im Obergeschoß residiert, hat ihren roten Schriftzug höher platziert.

Natürlich gibt es gravierendere Probleme. Dennoch: Gerade eine wissenschaftliche Anstalt öffentlichen Rechts sollte Bildmanipulationen ausweisen. Und nicht Inhalte aus den Jahren 2020 und 2022 zu einem Fake zusammenfügen.

 

Mit der Wahrheit nicht genau nimmt es auch die Wienbibliothek im Rathaus, die bis 17. Juni an den Conférencier, Schauspieler und Medienstar, schlicht das „Phänomen“ Heinz Conrads erinnert. Die Ausstellung „Griaß eich die Madln, servas die Buam!“, die „im Titel ganz bewusst auf die längst zum geflügelten Wort gewordene Grußformel von Heinz Conrads Bezug“ nehme, sei, so ist zu lesen, der erste Versuch, die Karriere dieser „zeitweise nahezu omnipräsenten Medienfigur mentalitäts- und kulturgeschichtlich einzuordnen“.

Das Problem ist bloß, dass Heinz Conrads, wie Günter Tolar und im KURIER Georg Markus feststellten, nie „Griaß eich die Madln!“ sagte. Dies gestanden die Kuratoren, Suzie Wong von der Wienbibliothek und Thomas Mießgang, schließlich auch ein. Aber sie sahen keine Notwendigkeit, vom Titel der Ausstellung wie des Katalogs abzurücken. Denn „ausgerechnet diese Formulierung“ habe sich „als Conrad’sche Begrüßungsformel ins allgemeine Bewusstsein und ins kollektive Gedächtnis gegraben“: Mit der Eingabe von „Griaß eich“ in eine Suchmaschine würden sofort Dutzende Conrads-Referenzen aufgerufen. „Wir haben uns deshalb entschlossen, entgegen der historischen Empirie diese Formulierung in den Betitelungen zu verwenden.“

Die Behauptung hält der Überprüfung aber nicht stand: Die Verknüpfung von „Griaß eich die Madln!“ mit Heinz Conrads erfolgte erst durch die Ausstellung und die Rezensionen. Mit ihnen wird eine faktische Basis für eine historische Ungenauigkeit geschaffen. Oder anders ausgedrückt: Eine Institution, die sich der Aufklärung verpflichtet fühlt, bläst, wiewohl im Katalog   u. a.  Stefan Engl die richtige Begrüßung zitiert, eine falsche Behauptung in die digitale Welt – und legitimiert diese mit den von ihr selbst ausgelösten Resonanzen.

Das erinnert an die Strategien eines Donald Trump. Das erinnert auch an die Absurditäten, die von Corona-Leugnern ersonnen wurden, damit andere Corona-Leugner sie für bare Münze nehmen. Gut, der Schaden, den die Bibliothek  anrichtet, mag nicht groß sein. Es hätte ihr aber ein Anliegen sein können, sich für die „Fake News“ zu entschuldigen. So kommt es, dass auch das „Fest zur Ausstellung“, zu dem Bürgermeister Michael Ludwig am 22. April ins Rathaus einlädt, unter einem falschen Titel steht.

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