Trenklers Tratsch: Depri-Stimmung in der Burg macht es nicht leicht
Für den Burgtheaterdirektor schaut es gegenwärtig nicht allzu rosig aus: Martin Kušej liefert innerhalb der Bundestheater die schlechtesten Auslastungszahlen.
Die Staatsoper unter Bogdan Roščić steht fulminant da. Die laufende Spielserie von „Cardillac“ (es gibt Karten in Hülle und Fülle!) wird das November-Ergebnis zwar etwas eintrüben; in den Monaten September und Oktober kam das Flaggschiff aber auf 97 Prozent – also auf Prä-Corona-Werte.
Und die Volksoper, immer wieder Sorgenkind, erreichte 70 Prozent (exakt: 69,8 Prozent). Mit der Produktion „Jolanthe und der Nussknacker“, andauernd ausverkauft, gelang Lotte de Beer, der neuen Direktorin, ein echter Erfolg.
Das Burg- samt Akademietheater hingegen kommt auf etwas über 60 Prozent. Christian Kircher, der Chef der Bundestheaterholding, beteuert zwar: „Die Entwicklung ist sehr positiv und der Trend stimmt!“ Ganz glauben kann man es aber nicht. Viele Vorstellungen sind halb leer, geradezu katastrophal schlecht besucht ist zum Beispiel „Ingolstadt“. Denn in dieser Produktion werden nicht nur zwei Stücke von Marieluise Fleißer miteinander verzahnt: Aus „Pioniere in Ingolstadt“, eigentlich eine „Komödie in 14 Bildern“, machte Regisseur Ivo van Hove eine an Tristesse nicht überbietbare Wasserschlacht.
In der Oper geschehen zwar auch jede Menge Gewalttaten. Aber die Heldinnen sterben zumindest zu schönen Melodien.
Die Depri-Stimmung in der Burg macht es nicht leicht, für eine Verlängerung von Kušejs Vertrag (er läuft im Sommer 2024 aus) zu plädieren. Andrea Mayer, die Kulturstaatssekretärin, hätte sich vorstellen können, ihm zwei, drei Jahre zu gewähren. Der Direktor lehnte brüsk ab. Die Quoten der Buchmacher, dass Kušej das Pokerspiel für sich entscheiden werde, sind aber eher bescheiden.
Nicht ins Blatt blicken lässt sich Mayer: Sie verweigert jegliche Auskünfte. Wir wissen also nicht, wer in die Bestellungskommission berufen wurde. Wir wissen nicht, wie viele Herausforderer zum Hearing eingeladen wurden (bis zum Ende der Ausschreibungsfrist am 17. Oktober waren 15 Bewerbungen eingegangen). Und wir wissen nicht einmal, wann die Hearings stattfinden werden.
Interessante Hinweise liefert aber der Ausschreibungstext. Auf den ersten Blick hin unterscheidet er sich nicht stark von jenem aus 2017 (als Kušej das Match gewann). Aber aus der erwarteten „Erfahrung in der Führung und im Umgang“ mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wurde eine „ausgewiesene Kompetenz“. Das vorzulegende Konzept soll zudem innovative Ansätze „bei der Einbindung der Mitarbeiter:innen durch integrative Führung“ enthalten. Intern erheitert diese Passage. Denn gerade Kušej steht für das patriarchale Prinzip. Es sei, sagt man, hoch an der Zeit für flachere Strukturen beziehungsweise für mehr Mitbestimmung.
Andrea Mayer sucht zwar ausdrücklich einen „Direktor“ oder eine „Direktorin“. Es haben sich aber auch Teams beworben. Vielleicht kommt es daher zu einer sanften Revolution. Das Schauspielhaus in der Porzellangasse wird jedenfalls künftig von einem gemischten Quartett geleitet. Andererseits: Teams zerreiben sich oft. Viele wünschen sich daher eine Frau. Zum Beispiel Barbara Frey: Ihre Inszenierung von „Das weite Land“ ist wohl die bestbesuchte Neuproduktion im Akademietheater derzeit. Und wenn sich Mayer was trauen will, dann holt sie Marie Rötzer von St. Pölten nach Wien.
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