Gefundenes Fressen
Tove Ditlevsen war schon zu Lebzeiten ein gefundenes Fressen für die Regenbogenpresse. Talentiert, gut aussehend, ziemlich fertig. Leben und Werk der Dänin gehören zu den größten literarischen Wiederentdeckungen der vergangenen Jahre. Tove Ditlevsen (1917–1976), aufgewachsen in einer Arbeiterfamilie im Kopenhagen der 1920er-Jahre, hatte sich, das weiß man aus ihren autobiografischen Romanen, ein anderes Leben erkämpft als jenes, das für sie vorgesehen war.
Sie arbeitete sich von der Putzfrau zur Büroangestellten hoch und veröffentlichte mit kaum 20 Jahren erste Gedichtsammlungen. Und das, obwohl ihr der Vater schon gepredigt hatte: „Ein Mädchen kann nicht Dichter werden.“ Sie wurde es. Und berühmter, als sie es sich als Mädchen erträumt hatte. Das persönliche Glück konnte damit nicht Schritt halten. Es folgten vier gescheiterte Ehen, Schwangerschaftsabbrüche, Medikamentensucht, Psychose und Suizidgedanken, ausführlich nachzulesen in ihren Büchern. Ditlevsen machte oft von der eigenen Biografie Gebrauch. „Schreiben heißt, sich auszuliefern“. Und sie lieferte sich auch einer bestimmten Art von Öffentlichkeit aus. Samt Homestorys und Interviews, unter anderem im boulevardesken Ekstra Bladet, dessen Chefredakteur ihr On- und Off-Gefährte Victor Andreasen war.
„Sie liebte skandalträchtige Auftritte und inszenierte sich gern, manchmal mit unüberschaubaren Folgen“, schreibt Ursel Allenstein im Nachwort des Romans, für den jene 1972 in der Tageszeitung Politiken veröffentlichte spektakuläre Heiratsannonce als wichtiges Handlungselement gilt. „Nachdem ich einer langen, unglücklichen Ehe entkommen bin, fühle ich mich einsam in dieser Welt, in der alle einen Partner haben. Ich bin 52 Jahre alt, 172 cm groß, schlank und blond. Ich habe eine 8-Zimmer-Wohnung in Kopenhagen und ein schönes Sommerhaus. An Geld fehlt es mir nicht, aber an Liebe.“
Im Roman wie im Leben nahm die Sache keinen guten Ausgang für sie.