Ticketpreise in Museen: Von der Dehnbarkeit des Besucherbörsels
Eine Eintrittskarte in ein Museum zu erwerben, war schon einmal einfacher: Vollpreis oder Ermäßigung hießen lange Zeit die Ticket-Alternativen. Wer heute in einen der Kunsttempel gehen will, sieht sich mit einer Fülle von Optionen konfrontiert: Wird die Karte online gekauft oder an der Kassa? Braucht man einen „Timeslot“, also ein zugewiesenes Zeitfenster? Ist es Haupt- oder Nebensaison? Will man nur die Sammlung oder auch die Sonderausstellung sehen? Welche Zusatzleistungen (Führung, Audioguide) sind gewünscht?
Der Weg zur Kunst nähert sich damit in der Komplexität zunehmend einer Flugreise an – mit dem Unterschied, dass es kaum noch Billigflieger gibt. Fast jedes große Museum mit Touristenaufkommen hat zuletzt Preise erhöht.
In höhere Sphären
Mit Anfang März wird auch das Kunsthistorische Museum (KHM) den Preis seiner Tagestickets von derzeit noch 18 Euro (Vollpreis) auf 21 Euro erhöhen. Die Jahreskarte, zuletzt 49 Euro, kostet dann 53 Euro. „Wir geben die Kostensteigerungen nicht direkt am Ticketschalter weiter, sondern erhöhen weit unter den tatsächlichen Kostensteigerungen von Energieaufwand, Personalkosten und sonstigem“, heißt es erklärend dazu aus dem Museum. „Bei 80 % Tourismus versus 20 % lokalem Publikum ist der Effekt auf den Einzelticketerlös ein wichtiger.“
Gerade die Bundesmuseen sind seit ihrer Ausgliederung ab 1999 vom Gesetz zu „wirtschaftlicher Gebarung“ verpflichtet, aber eben auch dazu, ihre Bestände einer „breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen“.
Geht hier eine Schere auf? Vonseiten des Kulturministeriums heißt es, der Eigentümer, also die Republik, habe „seine Verantwortung deutlich wahrgenommen“: 11 Millionen Euro zusätzliche Basisabgeltung sind im Budget 2023 für die Bundesmuseen veranschlagt, nicht zuletzt als Teuerungsausgleich. Doch „die konkrete Budgetierung der einzelnen Institutionen liegt selbstverständlich in der Verantwortung der jeweiligen Geschäftsführung“.
Kuss ... der ganzen Welt?
Im Belvedere, das dank Klimts „Kuss“ zu den Top-Touristenmagneten zählt, stellte man 2021 auf eine flexibilisierte Preisgestaltung um – online gebuchte Tickets kosten weniger als solche an der Kassa, es müssen Zeitfenster gewählt werden. Das solle auch einen „Lenkungseffekt“ haben und Menschenschlangen vermeiden, wie Geschäftsführer Wolfgang Bergmann im KURIER-Gespräch erklärt. In der „Hauptsaison“ – zu Weihnachten, Ostern sowie im Juli und August – steigt der Preis für ein Tagesticket nochmals: Mit Onlinebuchung kommt man in dieser Zeit um 16,90 ins Obere Belvedere, abseits davon um 15,90 Euro. Direkt an der Kassa sind 19,50 bzw. 18 Euro zu bezahlen. Bis Juni 2021 hatte das Vollpreis-Ticket durchgehend 16 Euro gekostet. Das Modell funktioniere – während der Weihnachtsferien sei das Museum voll ausgelastet gewesen, so Bergmann.
Befürchtungen, wonach sich Teile der Bevölkerung den Museumsbesuch zweimal überlegen könnten, hegt der Belvedere-Geschäftsführer nicht: Man sei mit dem freien Eintritt für Unter-19-Jährige sowie diversen Sonderaktionen „ohnehin sehr niedrigschwellig aufgestellt“.
Eine generelle Stützung von Eintrittspreisen – die Idee eines freien Eintritts für alle wurde vor nicht allzulanger Zeit durchaus breit debattiert – findet Bergmann nicht sinnvoll: „Das hätte den Effekt, dass der Steuerzahler zu einem erheblichen Teil Tourismusförderung macht.“
Ermessensspielraum gibt es dennoch – wenngleich die weniger stark touristisch frequentierten Bundes-Kunstmuseen ihre Preise zuletzt ebenso anpassten: Das MAK steigerte das Vollpreis-Ticket zuletzt 2021 von 14 auf 15 Euro, das mumok zog im Herbst ’22 auf 15 Euro nach.
Im Leopold Museum – es zählt nicht zu den Bundesmuseen – wird die Anfang 2022 vorgenommene Anpassung (14 auf 15 Euro) wegen des parallelen Wegfalls der Garderobengebühr nicht wirklich als „Steigerung“ bezeichnet, das Ticket für Jugendliche wurde gar von 10 Euro auf 2,50 Euro reduziert. In der Albertina relativiert man die Anpassungen seit 2020 mit der erweiterten Ausstellungsfläche und der hohen Ausstellungsfrequenz: 70 Euro für die Jahreskarte böten nun Zugang auf 28.000 Quadratmeter Schaufläche.
Weniger Einfluss auf den Ticketpreis hatten bisher Sicherheitsmaßnahmen, die wegen der Attacken von Klimaaktivisten notwendig wurden, heißt es. Für 2023 seien auch „keine weiteren Preissteigerungen geplant“, lautet der Tenor aus den befragten Museen. Allerdings gilt auch für alle der Satz: „Wir fahren derzeit auf Sicht.“
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