Roland Geyer: "Ich mache Oper für die Kunst"

Das neue Opernhaus, Theater an der Wien, Oper
Der Intendant des Theaters an der Wien über das Jubiläum, Wegbegleiter und die Subvention.

Jahrzehntelang war das Theater an der Wien ein Haus für Musicals – abgesehen von Produktionen der Wiener Festwochen oder des "KlangBogen". Am 8. Jänner wird es genau zehn Jahre her sein, dass das wunderschöne, legendäre Theater an der Wienzeile wieder zum Opernhaus wurde: Damals dirigierte Plácido Domingo die Wiener Symphoniker.

Das war der neuerliche Startschuss für eine künstlerische Erfolgsgeschichte, die nun mit großen Feierlichkeiten begangen wird.

Feiern

Am 13. Jänner dirigiert Johannes Kalitzke das Klangforum Wien bei der Premiere der "Dreigroschenoper" (Brecht/Weill). Die Regie stammt von Keith Warner. Zu erleben sind u. a. Tobias Moretti, Angelika Kirchschlager und Anne Sofie von Otter. Am 17. Jänner wird Beethovens "Fidelio" konzertant aufgeführt, Stefan Gottfried leitet anstelle von Nikolaus Harnoncourt den Concentus Musicus. Und am 22. Jänner bringt René Jacobs mit dem Freiburger Barockorchester Mozarts "Idomeneo" konzertant zur Aufführung.

Roland Geyer, der seit der Umwidmung für die Oper im Mozartjahr 2006 (250. Geburtstag des Komponisten, Anm.) Intendant des Hauses ist, im Interview.

KURIER: Sie feiern "10 Jahre Oper im Theater an der Wien" ausgerechnet mit einem Werk, das als Sprechtheaterstück gilt: der "Dreigroschenoper". Warum das?

Roland Geyer: Für mich war es logisch, dass wir zu diesem Anlass die beiden Hausgötter würdigen müssen: Beethoven und Mozart. Mit Dirigenten, die hier so viel geleistet haben: Harnoncourt und Jacobs. Harnoncourt hat sich für "Fidelio" entschieden, Jacobs für "Idomeneo". Es war jedoch klar, dass diese beiden Aufführungen nur konzertant sein können. Also haben wir als szenische Ergänzung ein Werk gesucht, das die künstlerische Prämisse des Hauses, unkonventionell zu sein, optimal erfüllt, den Begriff Musiktheater möglichst ausreizt und inhaltlich weit von Mozart und Beethoven entfernt ist. So kamen wir auf die "Dreigroschenoper".

Roland Geyer: "Ich mache Oper für die Kunst"
APA17717808-2 - 31032014 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT KI - (v.l.) Der Intendant des Theaters an der Wien Roland Geyer und VBW-Generaldirektor Thomas Drozda am Montag, 31. März 2014, während der PK des Theaters an der Wien "Spielplan 2014/2015" in Wien. APA-FOTO: HELMUT FOHRINGER

Nikolaus Harnoncourt hat sich mittlerweile von der Bühne zurückgezogen. Das muss für Sie besonders schmerzhaft sein.

Das ist für jeden Musikliebhaber schmerzhaft. Ich war von diesem Schritt sehr betroffen, mehr noch persönlich denn als Intendant. Harnoncourt war in diesen Jahren dem Theater an der Wien eng verbunden. Er hat zehn Produktionen realisiert, davon gleich im ersten Jahr "Die Schuldigkeit des ersten Gebots" und "Lucio Silla" von Mozart. Er war stets ein wichtiger Mentor für dieses Theater und für mich. Er hat auch die "Fidelio"-Fassung aus dem Jahr 1806, genannt "Leonore", die wir nun spielen, selbst eingerichtet. Die Aufführung wird mit einer Video-Grußbotschaft von Harnoncourt mit Erläuterungen zu seiner Fassung beginnen.

"Die Dreigroschenoper" wurde im Sommer 2015 auch in Salzburg gespielt, nicht sonderlich erfolgreich. Ist das ein Vor- oder ein Nachteil für das Theater an der Wien?

Weder noch. Bei uns ist "Die Dreigroschenoper" besetzt, als wäre es eine deutsche Spieloper. Es gibt ja abgeschlossene Arien, Duette, Chöre, dazwischen Dialoge, analog zur "Zauberflöte" oder zum "Fidelio". Den Macheath spielt Tobias Moretti, ein langjähriger Weggefährte. Er hat sich viel Zeit genommen, die Songs einzustudieren. Und auch die die Sängerinnen und Sänger sind Künstler, denen die Weill’sche Musik nahesteht. Der ORF zeichnet übrigens alle drei Produktionen auf und wird sie noch im Jänner zeigen, "Die Dreigroschenoper" sogar auf ORF 2.

Wenn Sie diese zehn Jahre Revue passieren lassen: Worauf sind Sie am meisten stolz?

Auf die international hervorragende Position als Musiktheaterhaus, in dem Musik und Theater gleich wichtig sind.

In Wien hört man immer wieder Stimmen, dass man sich entscheiden müsse, ob man Oper fürs Publikum oder fürs Feuilleton mache.

Ich mache Oper für die Kunst. Die Schaffung eines eigenständigen Kunstwerkes ist das höchste Ziel. Wenn das gelingt, ist man beim Publikum und beim Feuilleton gleichermaßen beliebt. Wir verkaufen mittlerweile pro Saison 6000 Abos. Die Menschen vertrauen also in die Qualität unseres Hauses.

Das Theater an der Wien gilt als hoch subventioniertes Theater. Hat man es da nicht leichter als andere?

Wir bekommen 20 Millionen Euro. Damit wird das Theater zwischen 110 und 120 Abenden pro Saison bespielt. Die Staatsoper soll künftig 65 Millionen pro Saison erhalten, die Volksoper 44. Wir kriegen also sicher nicht zu viel. Wir wurden in den letzten Jahren sogar von 21,6 Millionen auf 20 reduziert. Das geht sich nur aufgrund des effizienten Stagione-Systems ohne eigenem Orchester und Chor aus.

Ihr Vertrag läuft Ende 2017 aus. Wie steht es um eine mögliche Verlängerung?

Ich wurde vom Aufsichtsrat beauftragt, die Jahre 2018, ’19 und ’20 zu planen und umzusetzen.

Wann gibt es die nächste große szenische Mozart-Produktion zu sehen?

Roland Geyer: "Ich mache Oper für die Kunst"
Ich kann Ihnen verraten, dass wir die Saison 2017 mit einer neuen "Zauberflöte" eröffnen. Lotte de Beer, die bei uns so erfolgreich "Die Perlenfischer" als Dschungelshow inszeniert hat, wird Regie führen.

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